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Berliner Morgenpost: Ein Schulsenator ohne Antworten - Kommentar

Geschrieben am 10-02-2009

Berlin (ots) - Schulsenator Jürgen Zöllner sprach gestern von
einem guten Tag für Berlins Schule. Wie ein Befreiungsschlag für die
Bildungsprobleme in der Hauptstadt sollten seine Reformideen
daherkommen. Doch das Konzept lässt so viele Fragen offen, dass viele
Eltern erheblich verunsichert sein werden. Dabei ist Zöllners Ansatz
richtig, die aussterbende Hauptschule mit Real- und Gesamtschule
zusammenzulegen, um so die Schulabbrecherquote zu verringern und es
heutigen Hauptschülern zu ermöglichen, das Abitur zu machen. Das ist
die Theorie.
Was auf dem Papier als bildungspolitischer Idealweg erscheinen mag,
wird in der Realität des Schulalltags mit erheblichen Problemen
konfrontiert werden. Wieso eigentlich sollte ein lustloser
Hauptschüler motivierter sein, wenn er nun auf die Sekundarschule
geht? Weil er dort auf einige Realschüler trifft, die ihn mitziehen?
Das bloße Zusammenlegen der Schulformen bringt gar nichts. Die neuen
Schulen bräuchten auch mehr junge und motivierte Lehrer für eine
individuelle Förderung der Kinder. Zur Zahl der Lehrer aber, zur
Größe der Klassen will Zöllner nichts Konkretes sagen. Die
Sekundarschule, das zeichnet sich deutlich ab, läuft Gefahr eine neue
Gesamtschulhülle für die heutigen Haupt- und Realschüler zu werden.
Die Schulreform wäre gescheitert, wenn sich die Probleme der
Hauptschulen nur in die Sekundarschulen verlagern.
Die Einführung der neuen Schulform wird deshalb zu einem größeren
Andrang auf die Gymnasien führen. Denn viele Eltern wollen nicht,
dass ihre Kinder auf die sozialen Schwierigkeiten der jetzigen
Hauptschulen stoßen.
Aber auch die Pläne des Senators zu den Gymnasien werden viele Väter
und Mütter beunruhigen. Nicht mehr der Elternwille soll entscheidend
sein für den Bildungsweg der Kinder. Zöllner will den Zugang zu den
Gymnasien erschweren, also im Zweifel bürokratisieren. Wie er das
bewerkstelligen will, ließ er ebenfalls offen.
Genau hier aber wollen Eltern Klarheit. Ist der Notendurchschnitt
entscheidend oder die Empfehlung der Grundschule? Gibt es eine
Bevorzugung, wenn ein Kind aus einem sozial problematischen Umfeld
kommt gegenüber Kindern aus bürgerlichen Elternhäusern? Kommt also
eine Art Sozialquote? Erörtern will Zöllner das alles mit den
Betroffenen. Aber er drückt gleichzeitig so aufs Tempo, dass man den
Verdacht haben muss, dass die Belange der Eltern insgesamt bei der
großen Schulreform keine wichtige Rolle mehr spielen werden. Es
riecht alles nach mehr Staat und weniger Freiheit.
Zöllner bekannte sich gestern klar zu den Gymnasien. Doch die
Linkspartei sieht in der Sekundarschule nur einen weiteren Schritt zu
ihrem Ziel, zum längeren gemeinsamen Lernen. Wer, wie die Linke die
neuen Zugangsregeln für die Gymnasien begrüßt, arbeitet letztlich
gegen diese Einrichtungen. Die SPD weiß um die Gefahr eines
Abgeordnetenhauswahlkampfes, in dem es um die Abschaffung der
Gymnasien geht. Auch deswegen plant man mit einem zweigliedrigen
Schulsystem. Noch.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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