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Lausitzer Rundschau: Minister Glos darf nun doch zurücktreten: Der Lustlose

Geschrieben am 08-02-2009

Cottbus (ots) - Was war er einst gefürchtet, der Michael Glos. Als
Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag teilte der gelernte Müller
fröhlich aus, reizte den politischen Gegner regelmäßig bis aufs Blut
- und schonte auch die Seinen nicht. Wenn die politischen
Korrespondenten verklausuliert von "Spöttern in der Union" schrieben,
die mit spitzer Zunge dies oder jenes aufs Korn nahmen, dann war oft
Glos gemeint.
Dreieinhalb Jahre als Bundeswirtschaftsminister haben aus dem
rhetorischen Riesen einen politischen Pygmäen gemacht, aus dem
Spötter einen Verspotteten. Man kann Glos nicht vorwerfen, dass er
sich in das Ministeramt gedrängt habe. "Wer Chef der Landesgruppe
ist, darf nichts anderes mehr werden wollen", hatte der Unterfranke
immer wieder erklärt. Aber dann musste er 2005 doch für den
CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber in die Bresche springen, als dieser
in Panik nach München floh, anstatt das für ihn maßgeschneiderte Amt
eines Superministers für Wirtschaft und Finanzen in Berlin zu
übernehmen. Glos wird diesen Schritt - mit dem er doch immerhin mehr
Mumm zeigte als sein damaliger Parteichef - schon oft bereut haben.
Gefremdelt hat er im ungeliebten Amt vom ersten Tage an. Aber er
wollte wohl seine Pflicht tun. Dazu passt, dass er sich auch jetzt
nicht zu einem klaren Schnitt - Rücktritt - durchringen konnte,
sondern die Demission lediglich anbot. Dass CSU-Chef Horst Seehofer
und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dieses Angebot zunächst ausschlugen
(um es kurz darauf dann doch anzunehmen), offenbart einen Besorgnis
erregenden Mangel an politischer Urteilsfähigkeit: Es versteht sich
eigentlich doch von selbst, dass ein amtsmüder Minister in Zeiten der
Wirtschaftskrise denkbar ungeeignet für einen Job ist, in dem es
jetzt in erster Linie darum gehen müsste, statt Resignation und
Lustlosigkeit Zuversicht zu verbreiten. Glos' Ablösung war deshalb
unvermeidlich. Dass sie nicht sofort erfolgte, legt die Schwäche der
CSU bloß: Sie glaubt wohl selbst, kein politisches Schwergewicht mehr
zu haben, dem sie es zutrauen könnte, im Wirtschaftsressort
kurzfristig Profil gegen den obersten Krisenbekämpfer von der SPD,
Finanzminister Peer Steinbrück, zu gewinnen. Für Glos' Nachfolger ist
diese Einschätzung eine schwere Hypothek. Und die Kanzlerin? Die
zauderte und zögerte mal wieder nach allen Regeln der Kunst.
Führungsstärke: Fehlanzeige.
Die Causa Glos kennt nur einen Gewinner: die SPD. Es war schon ein
politischer Leckerbissen, dass deren Kanzlerkandidat Frank-Walter
Steinmeier genüsslich dafür warb, den geschwächten Minister doch
bitte bis zum Wahltag weiterwursteln zu lassen. Aber diesen Gefallen
haben die Unionsparteien den Sozialdemokraten am Ende dann doch nicht
getan.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de


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