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Berliner Morgenpost: Berliner Morgenpost zum Datenskandal bei der Bahn

Geschrieben am 03-02-2009

Berlin (ots) - Kennzeichnend für das "System Mehdorn" ist nicht
etwa das fragwürdige Vorgehen der Bahn bei der Mitarbeiterüberwachung
- das gab es schon vor seiner Zeit -, sondern die Neigung, aus
überschaubaren Konflikten große Krisen zu machen. Diesmal ist Hartmut
Mehdorn in die Datenschutzaffäre geschlittert, und wie das bei den
Turbulenzen so ist, in die er regelmäßig gerät, hätte es diese gar
nicht geben müssen. Doch der Bahnchef hat nach massiver Kritik und
selbst nach dem Vorwurf der Rasterfahndung die eigene Position
hartnäckig verteidigt - um erneut erst im letzten Moment einzulenken.
Immerhin: Den von den Gewerkschaften geforderten Entschuldigungsbrief
an die Belegschaft hat Mehdorn geschrieben. Doch was ist der wert,
wenn täglich neue Details über Ausspähaktionen ans Licht kommen?
Ohnehin fragt man sich, warum es der Bahnchef stets bis zum Äußersten
kommen lässt. Und warum er in der aktuellen Datenschutzaffäre nur
scheibchenweise die Wahrheit preisgibt. Glaubt Mehdorn tatsächlich,
diese Krise meistern zu können, indem er einfach Kurs hält,
Nebelkerzen wirft und auf die Salamitaktik setzt? Die deutlich
weniger dramatischen Krisen im zurückliegenden Jahr hätten ihn
eigentlich eines Besseren belehren müssen. Stur stemmte sich Mehdorn
im Tarifkonflikt mit den Lokführern gegen ein Einlenken, starrköpfig
hielt er an Bedienzuschlägen beim Ticketkauf am Schalter sowie den
Börsenboni für den Vorstand fest, selbst dann noch, als von allen
Seiten Kritik kam.
Schon damals wurden Rücktrittsforderungen laut, musste Mehdorn
schließlich nach heftigem Widerstand einlenken. In der aktuellen
Datenschutzaffäre hätte der Bahnchef nur vor zwei Wochen alle Karten
auf den Tisch legen müssen. Und natürlich eine ernsthafte
Untersuchung der Vorgänge sowie einen Kurswechsel bei der
Korruptionsbekämpfung in Aussicht stellen. Die ganze Affäre wäre dann
vielleicht schon vom Tisch, Mehdorn hat schon so viele Krise
durchgestanden.
Die Datenschutzaffäre aber zieht immer größere Kreise, schon deshalb,
weil niemand weiß, welches Ausmaß die Ausspähaktionen wirklich gehabt
haben - oder noch haben. Wer den Machtmenschen Mehdorn kennt, weiß,
wie schwer ihm der Mitarbeiterbrief gefallen sein muss. Darin ist von
"Übereifer", gar von "Fehlern" die Rede. Selten hat sich der Bahnchef
öffentlich so gewunden. Nur: Die Wirkung ist angesichts immer neuer
Details verpufft.
Allerdings hatte Mehdorn keine Alternative zu einer öffentlichen
Entschuldigung. Ohne ein Zeichen an die Belegschaft und die
Gewerkschaften wären seine Tage gezählt. Und die Gewerkschaften
braucht Mehdorn, denn die haben - wie das Bundeskanzleramt - aller
Affären und Krisen zum Trotz, kein Interesse an einem neuen Bahnchef.
Zumindest bis zur Bundestagswahl. So hat Mehdorn die Chance, auch die
Datenschutzaffäre zu überstehen. Und kurz nach der Wahl läuft sein
Vertrag ohnehin aus. Ob es ein Abgang in Würde wird, hat Mehdorn
jetzt in der Hand.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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