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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Weltwirtschaftsforum

Geschrieben am 30-01-2009

Bielefeld (ots) - Die Weltwirtschaft leidet unter schwerer
Schwindsucht. Erst verschwanden Millionen, dann Milliarden Euro für
teuerste Rettungsschirme und -pakete. Insgesamt haben Politiker
weltweit schon mehr als fünf Billionen aus Steuerzahlergeld locker
gemacht. Und doch ist noch immer nicht klar, was natürlich alle
erhoffen: Dass die teure Arznei rechtzeitig ihre Wirkung entfaltet.
Davos, seit 1971 alljährlich im Januar Treffpunkt der
Wirtschaftselite, ist wohl Europas prominentester Luftkurort.
Besonders hat sich das Schweizer Städtchen auf Lungenerkrankungen wie
Tuberkulose und Asthma spezialisiert. Reine Luft macht zudem die
Köpfe frei. Damit ist Davos eine ideale Umgebung für ein
Weltwirtschaftsforum. Um so größer bislang die Enttäuschung: Ansätze,
wie die Schwindsucht der Wirtschaft geheilt werden kann, fehlen.
Ein Grund liegt sicher in der Vorbereitung. Merkwürdig ist es schon,
dass die prominentesten der 2500 Teilnehmer und Hauptredner beim
Treffen in Davos Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao und der
russische Regierungschef Wladimir Putin sind - zwei Politiker, die in
ihren Ländern auf Dirigismus setzen und dafür sogar die
Menschenrechte verletzen. Das deckt sich mit der Einschätzung, dass
diejenigen, die einen starken Staat vertreten, weltweit auf dem
Vormarsch sind. Als hätte es vor der Krise des Weltfinanzsystems
nicht den Zusammenbruch der staatlichen Planwirtschaften gegeben. . .
Wo sind die führenden Wirtschaftsleute, die sich für die
Marktwirtschaft ins Zeug legen? Davos wäre der richtige Ort, um das
Pendel nicht ganz in Richtung Staatswirtschaft ausschlagen zu lassen.
Nichts gegen den türkischen Ministerpräsidenten, der die
Unterdrückung der Palästinenser im Gaza-Streifen zeitweise zum
beherrschenden Thema von Davos gemacht hat. Aber der Eklat, den er
herbeiführte, zeugt davon, dass Davos als Kurort für ernsthafte
Erkrankungen der Wirtschaft ausgedient hat. Vielleicht wird die Stadt
wieder der Zauberberg wie in Thomas Manns literarischem Klassiker:
alltagsfern ein netter Ort zum Palavern, Vergessen und Verlieben.
Schade. Wo wenn nicht bei einem solchen Gipfel können Eliten besser
darüber nachdenken, wie es zu der Krise kommen konnte und welche
Konsequenzen irgendwann nach ihrem Ende zu ziehen sind? Dass sich
etwas ändern muss, damit die alten Werte nicht verloren gehen, ist
klar. Dass diese Neuerungen weltweit durchgesetzt werden müssen,
liegt gleichfalls auf der Hand. Die Beschlussfassung darüber kann
nicht in Davos erfolgen. Wohl aber könnte die Elite der Manager - von
Josef Ackermann über Peter Löscher bis Michael Dell - als Schritt zu
den Veränderungen ein neues Selbstverständnis formulieren: ein
ethisches Grundgesetz, hinter das künftig niemand mehr sanktionsfrei
zurückfallen darf.
Davos hat als Kurort ausgedient. Davos muss sich neu erfinden. Sonst
findet das Weltwirtschaftsforum künftig in Hongkong, Moskau oder
Caracas statt.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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