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Südwest Presse: Kommentar zum Thema Kirche

Geschrieben am 29-01-2009

Ulm (ots) - Es ist mehr als nur ein "Betriebsunfall". Papst
Benedikt XVI. hat vier Bischöfe der ultra-konservativen
Pius-Bruderschaft rehabilitiert und der Weltkirche damit großen
Schaden zugefügt. Bei dem Vorgang geht es nicht allein um die
Wiedereingliederung eines erwiesenen Holocaust-Leugners. Es geht um
den Kurs der Kirche insgesamt. Der deutsche Pontifex löst zunehmend
Verunsicherung und Verstörung aus - unter Juden und Muslimen, aber
auch unter den 1,1 Milliarden Katholiken.
Was treibt den Papst zu solch einem Entgegenkommen? Und das
ausgerechnet drei Tage vor dem Holocaust-Gedenktag der Vereinten
Nationen und auf den Tag genau 50 Jahre nach der Ankündigung des
Zweiten Vatikanischen Konzils, das die Katholische Kirche reformiert
und gegenüber anderen Religionsgemeinschaften geöffnet hat?
Das erste Datum weist nicht auf das Thema - sondern auf die Fähigkeit
oder Unfähigkeit des Papstes. Mit den Ideen des Holocaust-Leugners
und "Pius"-Bischofs Williamson gemein macht sich Benedikt nicht. Das
hat er inzwischen klargestellt. Doch Benedikt, der Dogmatiker, hat
die Wirkung seines Tuns nicht im Blick. Sie hat er bei seiner
islamkritischen Regensburger-Rede (2006) nicht bedacht und wohl auch
nicht bei der Wiederzulassung der modifizierten Karfreitagsfürbitte
im vergangenen Jahr, die auf jüdischer Seite zu erheblicher
Verstimmung führte. Sein für den christlich-jüdischen Dialog
zuständiger Kardinal Walter Kasper hätte ihn in dieser Hinsicht
beraten können. Doch er war nicht involviert, ebenso wenig in die
jüngste Entscheidung, die in der Kommission für die Bischöfe, der
Ecclesia Dei, fiel - sozusagen als innerkirchliche Angelegenheit. Das
ist sie nicht.
Papst Benedikt XVI. geht es um die Einheit seiner Kirche. Diese will
er befördern durch die Integration des rechten Kirchen-Randes. In
nicht gekannter Großmut geht Benedikt auf jene zu, die die
Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965)
negieren. Deshalb war der Zeitpunkt der Wiederannäherung an die
traditionalistische Gemeinschaft ein Signal.
Katholisch heißt für die Pius-Bruderschaft, zu der sich weltweit 600
000 Gläubige bekennen sollen: vorkonziliar. Das bedeutet, die knapp
500 Priester der Gemeinschaft lesen Messen nicht nur vom Kirchenvolk
abgewandt auf Latein, die Bruderschaft lehnt Werte wie
Religionsfreiheit und die Verständigung mit anderen Religionen ab.
Auch mit dem Judentum. Das hat der Distriktobere der Bruderschaft für
Deutschland, Franz Schmidberger, im vergangenen Jahr in einem Brief
an die deutschen Bischöfe deutlich gemacht: "Die Juden unserer Tage"
seien "nicht nur nicht unsere älteren Brüder im Glauben, (. . .) sie
sind vielmehr des Gottesmordes mitschuldig, so lange sie sich nicht
durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der
Schuld ihrer Vorväter distanzieren."
Benedikt XVI. hat für sein Entgegenkommen keine Bedingungen gestellt.
Zwar ist von einem nun erst begonnenen Prozess der Annäherung die
Rede. Doch zu einer Annahme des Konzils durch die Pius-Bruderschaft
wird es nicht kommen. Sie widerspräche deren Selbstverständnis. Die
Ultra-Konservativen setzen offen auf ein Umdenken der aus ihrer Sicht
"Neo-Modernisten in Rom", und damit auf eine Umorientierung der
Weltkirche hin zum rechten Rand.
Schlimm genug, wenn Benedikt XVI. das nicht abgewogen haben sollte.
Noch schlimmer, wenn er es sah und seine Augen verschloss. Er stößt
damit die mehr als eine Milliarde katholischer Christen jenseits des
rechten Randstreifens vor den Kopf. Diese erwarten ebenfalls Großmut,
wenn es zum Beispiel um die Einheit mit Befreiungstheologen oder den
evangelischen Kirchen geht.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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