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LVZ: 211 Euro zum Leben - ein Armutszeugnis

Geschrieben am 27-01-2009

Leipzig (ots) - Von Simone Liss
Das Ausmaß von Hartz IV lässt sich auf fünf Worte reduzieren: zu
wenig für zu viele. Politisch ist das gewollt. Weil sich alles ändern
muss, damit alles so bleiben kann. Es gehe um den Erhalt des
Sozialstaats, ums Abschmelzen von Speckröllchen, um eine bessere
Verteilung der Mittel - kurz: eine Anpassungskrise. Dass diese Krise
vor allem auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird, ist nicht
gerecht, wie das Bundessozialgericht Kassel gestern feststellte.
Demnach verletzen die gesetzlichen Hartz-IV-Regelleistungen für
Kinder bis 14 Jahre den im Grundgesetz festgeschriebenen
Gleichheitsgrundsatz, die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip.
Vier Jahre nach der Einführung von Hartz IV durch eine rot-grüne
Regierung ein Achtungszeichen für die große Koalition. Denn die
Ungerechtigkeit manifestiert sich in Zahlen: Nach Berechnungen des
Deutschen Kinderhilfswerks leben 2,5 Millionen Kinder in Deutschland
auf dem Niveau der Sozialhilfe. 211 Euro stehen ihnen monatlich zu,
egal, ob sie vier oder vierzehn sind. 2,57 Euro pro Tag für Essen und
Trinken. Wen wundert's, dass McDonalds's "Gerichte" für einen Euro
anbietet.
Es geht nicht um die Frage, ob man mit 211 Euro überleben, sondern
leben kann. Armut ist in Deutschland keine Kalorienfrage, aber eine
Partizipationsfrage. Wo es an Geld mangelt, müssen Kinder mit vielen
Einschränkungen leben. Sie werden oft zu Außenseitern in einer
konsumorientierten Gesellschaft, in der Schule diskriminiert, kaum
gefördert. Dabei werden die Kinder, die Klassenfahrten fernbleiben
und mittags bei der Tafel nach Gratisessen anstehen, von vielen
Mitmenschen zutiefst bedauert. Doch das Mitgefühl schlägt in
Abneigung um, sobald sie älter werden: Wenn Zwölfjährige Mitschüler
erpressen, Vierzehnjährige Autos knacken, Sechzehnjährige um sich
prügeln. Dabei liegen ihrem inakzeptablen Verhalten dieselben
Lebensbedingungen zugrunde, die ihnen eben noch Mitgefühl bescherten
- Armut und Chancenlosigkeit.
Zehn Euro mehr Kindergeld für alle sind nicht das Gebot der Stunde.
Das System der Familienförderung muss grundsätzlich überdacht, das
Ehegatten- durch ein Familiensplitting ersetzt werden. Die Botschaft
ist einfach: Kinderarmut ist zu teuer, als dass wir sie uns leisten
könnten. Wer an Kindern spart, muss eines Tages dafür bezahlen.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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