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Westdeutsche Zeitung: Hartz IV: Gerichte müssen die Politik zur Arbeit zwingen - Der große Bogen um das heiße Eisen = Von Stefan Küper

Geschrieben am 27-01-2009

Düsseldorf (ots) - Alle paar Monate neue Kleidung, weil die alte
nicht mehr passt. Etwas Taschengeld und natürlich genug zu essen. Der
Lebensunterhalt von Kindern ist oft kaum preiswerter als der von
Erwachsenen, und hinzu kommen noch der Beitrag für den Sportverein
oder ganz normale Bedürfnisse wie Spielzeug. Reichen dafür 211 Euro
im Monat? Nein - das weiß jeder, der Kinder hat. Nur bis in die
Politik scheint diese Erkenntnis noch nicht durchgedrungen zu sein.

Das Bundessozialgericht hat gestern zwar nicht gesagt, dass die
Sätze zu niedrig seien. Es hat aber kritisiert, dass die Politik sich
jegliche Begründung gespart hat, warum ein Kind nur 60 Prozent des
Geldes benötigen soll, das einem Erwachsenen zusteht. Dies zeigt, mit
welch' heißer Nadel oft Gesetze gezimmert werden. Sind rund 1,5
Millionen Kinder unter 15 Jahren in diesem Land, die von Sozialgeld
leben müssen, es nicht wert, dass ihre Bedürfnisse genau ermittelt
werden? Muss man aus der Tatsache, dass sich Eltern die
Existenzgrundlage für ihre Kinder vor Gericht erstreiten müssen,
folgern, dass ihre Sorgen in der Politik keine Rolle spielen?
Zur Beantwortung dieser Fragen lohnt sich ein Blick auf das
Gesamtproblem Hartz IV. Seit vier Jahren sind die Gesetze nun in
Kraft, und die Landessozialgerichte werden seither überflutet mit
Klagen. Mehr als 25 000 waren es 2008 allein in NRW und - besonders
überraschend - in jedem zweiten Fall bekommt der Kläger Recht. Die
Forderungen seitens der Gerichte, Hartz IV endlich mit dem Ziel zu
reformieren, mehr Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen,
verhallen im Bundestag ungehört. Weil das Problem nicht gesehen wird?

Nein, weil SPD und Union sich daran nicht die Finger verbrennen
wollen. Der SPD haben die Hartz-Gesetze einen beispiellosen
Mitglieder-Exodus und neue Parteien-Konkurrenz von Links beschert.
Jede Beschäftigung mit dem Thema würde mühsam zugeschüttete Gräben in
der Partei wieder aufreißen und weitere Wähler vergraulen. Und die
Union weiß seit dem Wahlkampf 2005, dass allein der Anschein von
sozialer Kälte auch ihr empfindlich schaden kann. So dürfen Gerichte
das korrigieren, was die Politik nicht hinbekommen hat. Hoffentlich
zwingt das Bundesverfassungsgericht die Koalition nun dazu, ihre
Hausaufgaben zu machen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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