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Berliner Morgenpost: Die Kleinverdiener würden auch gern helfen - Kommentar

Geschrieben am 11-01-2009

Berlin (ots) - Die Tektonik ist die Wissenschaft von Aufbau und
Bewegung der Erdkruste. Tektoniker vermessen begeistert, wie riesige
Kontinentalplatten um Millimeter auseinanderdriften, zusammenstoßen,
sich über Jahrmillionen zu Gebirgen falten. Diese
Zeitlupenwissenschaft ist hoch spannend. Für jemanden allerdings, der
gerade in einem Haufen Treibsand steckt, ist die Weltsicht des
Tektonikers nicht besonders hilfreich.
Krise und Konjunkturpaket II illustrieren auf dramatische Weise, wie
sich das Volk und seine Vertreter voneinander entfernt haben. 82
Millionen Deutsche stehen mit der Schippe in einem großen Sandhaufen,
etwas verängstigt, häufig ratlos, auf jeden Fall aber allein. Was die
Politik beschließt, hat mit dem Leben von Klein- und Normalverdienern
nicht viel zu tun.
Der Zehn-Punkte-Plan, den die CDU-Spitze, also die Bundeskanzlerin,
mit dem Koalitionspartner SPD verhandelt, ist von zeitloser
Wolkigkeit, als würde die Kontinentaldrift beschrieben. Beim
Wegschippen der alltäglichen Sandhaufen jedenfalls hilft das Paket
herzlich wenig. Das beginnt schon mit dem dröhnenden Titel "Pakt für
Deutschland". Mal abgesehen davon, dass in den letzten 20 Jahren
weltweit nahezu jeder Politiker so ein Pakt-Papier aufgelegt hat,
bleibt die Frage: Wer hat da einen Pakt mit wem geschlossen? Pofalla
mit Rüttgers? Merkel mit Steinbrück? Ein Pakt mit den Bürgern ist die
Erfurter Lyrik jedenfalls nicht - sondern durchsichtiges
Marketing-Geklingel.
Man muss kein Pisa-Streber sein, um auszurechnen, was eine
Steuererleichterung von fünf Milliarden Euro für die Menschen
bedeutet: ziemlich genau fünf Euro pro Monat pro Einwohner. Wir
wollen nicht undankbar sein. Wenn Banken 500 Milliarden bekommen und
Unternehmen 100 Milliarden, dann ist auch nicht mehr drin. Für die
kommende Heizkostenabrechnung wird es vielleicht knapp reichen, wenn
der Winter genau heute endet.
Fakt ist: Viele Kleinverdiener würden der Konjunktur gern helfen und
mehr konsumieren. Sie können nur nicht. Ob Gebäudereiniger,
Servicekräfte oder Verkäuferinnen, ob junge Architekten, Juristen
oder andere Studierte, Millionen Menschen mit soliden Ausbildungen
leben von unsicheren Monatseinkommen unterhalb aller Tarife. Familie,
Auto oder Urlaub sind kaum noch drin.
Konjunkturpakete wie diese helfen nicht den Menschen, sondern der
Politik: Beim Gerangel um einige Prozentkrümel lässt sich Handeln
simulieren, es werden große Summen gedreht, jeder Darsteller auf der
politischen Bühne darf seine Rolle weiterspielen.
Die Tektoniker haben ihr Ziel erreicht und wieder etwas Zeit
gewonnen. Für die Menschen mit der Schippe dagegen werden Reformen
erst spürbar, wenn der erste Maler mit dem Farbeimer tatsächlich im
Klassenzimmer steht, wenn die Löcher in der Straße gefüllt werden und
das Anpacken dann auch noch halbwegs menschenwürdig bezahlt wird.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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