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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Geschrieben am 19-12-2008

Bielefeld (ots) - »Ich hoffe, dass ich vor Helmut sterbe. Denn in
einer Welt ohne ihn möchte ich nicht leben.« Was für eine
»Liebeserklärung« von Henry Kissinger an seinen Freund Helmut
Schmidt. Doch so innige Gefühle wie beim Ex-US-Außenminister hat der
kühle Hamburger bei den wenigsten Deutschen ausgelöst.
Geliebt wurden in der jungen Bundesrepublik eigentlich nur zwei
Kanzler: Konrad Adenauer (auch wegen der von ihm initiierten Rückkehr
der Soldaten aus den UdSSR-Gulags) und Willy Brandt (von den Jungen
und Juden wegen seines Kniefalls in ehemaligen Warschauer Ghettos, im
Osten und auch bei vielen im Westen wegen seiner Ostpolitik).
Solche emotional positiven Momente gab es beim zweiten »Eisernen
Kanzler« nicht.
Aber, und deshalb wird er zurecht verehrt, er lotste die junge
Demokratie durch das erste schwierige Wirtschaftsfahrwasser, er
meisterte die Bedrohung der Roten Armee Fraktion. Und er machte die
Bundesrepublik endgültig zu einem angesehenen Mitglied der
internationalen Staatengemeinschaft.
Er gab den Deutschen während seiner Kanzlerschaft Vertrauen. Und er
setzte damit fort, was schon die junge Angela Merkel 1962 empfunden
hatte, als sie, in Sorge um ihre Westverwandtschaft im Fernsehen
mitverfolgte, wie der Mann mit der Prinz-Heinrich-Mütze die Bedrohung
Elbeflut managte. Angela Merkel: »Standhaftigkeit ist über die Jahre
hinweg charakteristisch für Helmut Schmidt geblieben.«
Große Visionen waren seine Sache nicht. »Wer die hat, sollte lieber
gleich zum Arzt gehen.« Er setzte mehr auf »Willen und Zigaretten«,
wenn es darum ging, die »dumme« Welt von den richtigen, nämlich
seinen, Ansichten zu überzeugen.
Den wenig schmeichelhaften Kosenamen »Schmidt Schnauze« bekam er
wegen dieser Arroganz und seines Redetalents, dass er nicht nur in
den Sitzungen des Bundestages bewies. Seine Wortschlachten mit
Franz-Josef Strauß, ja auch nicht gerade ein Freund des verbalen
Floretts, sind legendär und heben sich angenehm von dem ab, was seine
Nachfolger im Amt und Parlament radebrechten.
Auch mit 90 mischt sich der nur bedingt Altersmilde ins
Politikgeschehen ein - in Interviews, in Vorträgen und Texten.
Pointiert, nicht mehr polemisch, unemotional.
Das war seine Sache noch nie. Allenfalls zweimal in seinem Leben will
er Tränen vergossen haben: Im Frühjahr 1945, als er nach den
Kriegswirren seine 1942 geheiratete Frau Loki wieder traf; und am
Morgen des 18. Oktober 1977 nach der telefonischen Mitteilung seines
Emissärs »Ben Wisch«, die Passagiere der nach Mogadischu entführten
Lufthansa-Maschine »Landshut« seien glücklich befreit worden.
Was würde so ein Mann wohl zu der »Liebeserklärung« von Henry
Kissinger sagen? »Macht nicht so ein Gedöns um mich« wahrscheinlich
und dabei kräftig an seiner Mentholzigarette ziehen. Also gut, dann
eben nur: Herzlichen Glückwunsch Herr Schmidt.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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