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Berliner Morgenpost: Keine Freiräume den Rechtsradikalen - Kommentar

Geschrieben am 15-12-2008

Berlin (ots) - Noch wird nach dem Mann gefahndet, der heimtückisch
versuchte, den Passauer Polizeichef Alois Mannichl zu töten. Doch die
Umstände der Tat weisen ziemlich eindeutig auf die Spur des Täters
und wohl auch dessen Umfeld und mögliche Hintermänner. Sie passen
auch in das verschärfte Bedrohungspotenzial, das die rechtsextreme
Szene schon seit einiger Zeit darstellt. Die Neonazis, so hat der
Chef des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke schon vor Monaten gewarnt,
haben ihre aus taktischen Gründen nach außen kaschierte
Gewaltfreiheit - gepaart mit vermeintlichem Ordnungsgehabe -
aufgegeben und schrecken vor Aggressivität bis hin zur massiven
Gewalt auch gegen Polizisten nicht länger zurück. Der mörderische
Anschlag auf den Passauer Polizeichef scheint die Sorge vor einem
gesteigerten rechtsextremistischen Bedrohungspotenzial zu bestätigen.
Allein in diesem Jahr sind laut Bundesinnenministerium nachweislich
994 Menschen in Deutschland Opfer rechtsextremistischer Gewalt
geworden. Ein Opfer kam dabei ums Leben. Und die Szene tritt immer
unverhohlener und provozierender auf - was für ein schon wieder
beängstigendes Selbstbewusstsein der Ewiggestrigen spricht. Dies kann
ihnen nur ausgetrieben werden, wenn sich die Gesellschaft der
Entwicklung entschlossen entgegenstemmt, wenn der Neonazi-Szene keine
Freiräume überlassen werden.
Der Passauer Polizeipräsident hat in diesem Sinne seine Pflicht sehr
ernst genommen und die zunehmenden rechtsextremistischen Umtriebe in
seiner Stadt konsequent verfolgt. So konsequent, dass als Motiv für
den Anschlag gegen ihn ein Racheakt angenommen wird. Sollte sich
dieser Verdacht bestätigen und der Täter nachweislich kein
Alleingänger sein, wäre das der Beweis für die wirklich neue
Dimension im Kampf der Neonazis gegen die freiheitlich pluralistische
Gesellschaftsordnung in diesem Land. Ähnlich wie einst für die Rote
Armee Fraktion würden damit auch für die Neonazis die Vertreter und
Verteidiger des demokratischen Staates zu Feinden, die es gewaltsam
bis hin zum Mord zu bekämpfen gilt.
Der Preis der Freiheit bleibt Wachsamkeit auf allen Ebenen. Dazu
gehört auch die prompt neu entflammte Debatte über ein Verbot der
NPD. So wünschenswert ein solches höchstrichterlich sanktioniertes
"Aus" für die Partei der Rechtsextremen ist, so schwer ist es zu
erreichen. Spätestens seit dem gescheiterten Antrag aus dem Jahr 2003
wissen alle, wie hoch die Hürden für ein Parteienverbot sind. Eine
solche Blamage darf sich nicht wiederholen.
Wenn schon vom Bundesverfassungsgericht wenig Unterstützung zu
erwarten ist, sollten zumindest die unteren Gerichte die Gefahr durch
den Rechtsextremismus ernster nehmen. Konkret: Sie sollten Urteile
fällen, die sich weniger am unteren und mehr am oberen Rand des
möglichen Strafmaßes bewegen. Wehret den Anfängen - dafür scheint es
zu spät. Nach dem Mordversuch von Fürstenzell gilt es, noch
Schlimmeres zu verhüten.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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