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WAZ: Piraten vor Somalia - Scheuklappen ablegen - Leitartikel von Johannes Dieterich

Geschrieben am 20-11-2008

Essen (ots) - Was sich derzeit am Horn von Afrika abspielt,
erinnert an die Hochzeit der Bukanier im 17. Jahrhundert: Nur, dass
heute nicht mehr die spanische Silberflotte oder venezianische
Galeeren, sondern moderne Fischkutter, Containerschiffe oder gar
Supertanker im Fadenkreuz der Freibeuter stehen. Die Kaperung der
saudi-arabischen "Sirius Star" bildete den vorläufigen Höhepunkt des
bizarren Anachronismus. Kalaschnikow schwenkende Hasardeure gegen
Mega-Pötte, deren Ware allein über hundert Millionen Dollar wert ist:
Ungleicher kann das Kräfteverhältnis kaum ausfallen.

Kein Wunder, dass die ganze Welt ob der Erfolge der Seeräuber
nicht nur empört ist, sondern auch staunt: Dass es einigen Haudegen
gelingt, die gesamte, den Suez-Kanal passierende Weltschifffahrt in
Atem und obendrein zwei Dutzend hochmoderner Kriegsschiffe zum Narren
zu halten, stößt auf Verwunderung. Und, seien wir ehrlich, auch auf
ein wenig Schadenfreude.

Nun schreien, wie bei solchen Gelegenheiten üblich, alle nach dem
starken Mann. Kriegsschiffe der USA, der Nato und der EU sollen den
gesetzlosen Schurken Einhalt gebieten: Der Bundestag denkt bereits
über einen langfristigen Anti-Pirateneinsatz nach. Dabei kreuzen
schon längst zwei Dutzend Zerstörer, Fregatten und Korvetten aus
aller Welt ums Horn von Afrika. Immer deutlicher stellt sich jedoch
heraus, dass die starken Männer gar nicht viel auszurichten vermögen:
Vor ihren Augen wird ein Schiff nach dem anderen gekapert. Man müsste
praktisch jedes der 20 000 jährlich den Golf von Aden passierenden
Schiffe einzeln begleiten, um Überfälle auszuschließen, klagt eine
Sprecherin der US-Marine. Das ist natürlich ausgeschlossen.

Selbst die starken Männer räumen deshalb ein, dass der
somalischen Piraterie nur auf politische und nicht auf militärische
Weise beizukommen ist. Solange die Lage im Chaosstaat nicht
grundsätzlich verbessert wird und seine Gewässer nicht effektiv
geschützt werden, wird es immer Freibeuter geben. Dabei dürfte der
Schutz der Gewässer ein Leichtes sein. Wesentlich schwerer wird die
Befriedung Somalias. Auch diese ist jedoch mitnichten ausgeschlossen.
Schon seit Jahren mischt sich Washington massiv in die somalischen
Belange ein, um dort die Islamisten auszuschalten, und trägt so
wesentlich zur Destabilisierung des Landes bei. Neben fanatischen
Gotteskriegern gibt es in Somalia eine Mehrheit gemäßigter
Islamisten. Der Westen sollte daher endlich seine ideologischen
Scheuklappen ablegen und Somalias einzige Hoffnungsträger
unterstützen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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