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Berliner Morgenpost: Kommentar: Bankrotterklärung der Bildungspolitik

Geschrieben am 18-11-2008

Berlin (ots) - Berlin hat beim Pisa-Test wieder einmal nicht gut
abgeschnitten. Im bundesweiten Leistungsvergleich der 15-jährigen
Schüler in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften belegt die
Hauptstadt erneut nur die hinteren Ränge. Auffallend dabei, dass vor
allem die Leistungen von Schülern nicht deutscher Herkunft sehr zu
wünschen übrig lassen.
Das ist nicht neu. Die Bildungsverwaltung weist in ihrer
Presseerklärung dennoch ausdrücklich darauf hin, dass Berlin mit 32,3
Prozent bundesweit den fünfthöchsten Anteil an Schülern mit
Migrationshintergrund hat. Das klingt wie eine Entschuldigung. Und
Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) legt noch nach, wenn er sagt,
dass die Berliner Schüler ohne Migrationshintergrund in den
Naturwissenschaften das deutschlandweit fünftbeste Ergebnis
erzielten. Frei nach dem Motto: Wenn wir die Migrantenkinder nicht
hätten, wären wir längst Spitze.
Das ist eine Bankrotterklärung. Beweisen die Fakten doch, dass das
Berliner Schulsystem nicht in der Lage war und ist, die unbestritten
große Zahl der nicht deutschen Kinder angemessen zu fördern. Und wie
sieht die bildungspolitische Zukunft aus? Die Zahl dieser Schüler
wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen, die Katastrophe scheint
also programmiert.
Aber, stopp. Berlin ist eigentlich auf dem richtigen Weg. Vor allem
bei der Frühförderung hat sich eine Menge getan. Seit 2004 gibt es
Sprachtests für alle Vorschulkinder und bei Bedarf eine entsprechende
Sprachförderung vor der Einschulung. Kitas haben inzwischen ein
Bildungsprogramm, das letzte Kita-Jahr ist kostenlos. Bei den
Grundschulen wurden die Ganztagsangebote ausgebaut und zusätzliche
Deutschstunden angeboten.
Eigentlich gut - doch was nutzen die besten Maßnahmen, wenn sie nicht
oder nur halbherzig umgesetzt werden können. Und hier liegt der Kern
des Problems. Den Kitas fehlen ausreichend Erzieher, um bedürftige
Kinder zusätzlich zu fördern. An den Grundschulen fallen zuerst die
Förderstunden weg, wenn Lehrer fehlen. Auch die Ganztagsangebote
funktionieren oft nicht, weil die Schulen unzureichend mit Lehrern
und Erziehern ausgestattet sind.
Die Pisa-Ergebnisse zeigen schließlich auch, wie notwendig eine
Reform der Schulstruktur ist. Andere Bundesländer machen das vor.
Pisa-Aufsteiger Brandenburg etwa hat seine Hauptschulen längst
abgeschafft. Das plant auch Bildungssenator Jürgen Zöllner für
Berlin. Nach seinen Vorstellungen sollen die Schüler künftig in der
Regionalschule oder am Gymnasium ihren Schulabschluss machen.
Doch auch Strukturveränderungen entbinden die politisch
Verantwortlichen nicht von der dringenden Aufgabe, Migrantenkinder
endlich angemessen zu fördern und ihnen so die Chance zu geben, in
der Arbeitswelt zu bestehen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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