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Börsen-Zeitung: Siemens rechnet ab, Kommentar von Claus Döring zur Entscheidung des Siemens-Aufsichtsrats, von elf früheren Vorständen in der Korruptionsaffäre Schadenersatz zu verlangen

Geschrieben am 29-07-2008

Frankfurt (ots) - Spätestens seit dem im April vorgelegten
Prüfbericht der Kanzlei Debevois & Plimpton war die Sache klar: Der
Aufsichtsrat der Siemens AG muss die für die Korruptionsaffäre
verantwortlichen ehemaligen Vorstände auf Schadenersatz verklagen.
Sonst wäre er nicht nur seinem Anspruch zum konsequenten Aufräumen im
Hause Siemens untreu geworden, er hätte sich selbst Klagen von
Aktionären ausgesetzt.

Angesichts der unzweifelhaften Verdienste etlicher der elf
betroffenen Ex-Zentralvorstände um Siemens mögen die avisierten
Klagen bei manchem gegen das Gefühl der Fairness verstoßen.
Schließlich ist der Konzern von den jetzt am Pranger stehenden
Managern über viele Jahre erfolgreich geführt worden. Auch die
betriebswirtschaftliche Dimension des Schadens aus den
Korruptionszahlungen von 1,3 Mrd. Euro relativiert sich angesichts
des Geschäftsvolumens. In anderen Großkonzernen werden durch falsche
Investitionsentscheidungen höhere Schäden verursacht, ohne dass
Vorstände dafür jemals vor Gericht gestellt würden. Der Imageschaden
dagegen kann nicht hoch genug veranschlagt werden.

Aber darum geht es nicht. Im Fall Siemens und den nun folgenden
Schadenersatzprozessen geht es um die unternehmerische Verantwortung
schlechthin. Dass die beschuldigten Vorstände ihre Organisations- und
Aufsichtspflichten vernachlässigt haben, ist nach dem parallelen
Strafverfahren offenkundig. Da mussten die Vorstände gar nicht
bewusst weggeschaut haben. Schon fahrlässiges Unterlassen bei der
Sicherstellung einer funktionierenden Compliance reichte. Zu dieser
Verantwortung haben sich manche Betroffene mit ihrem Rücktritt als
Vorstand de facto ja bekannt.

Die Klagen sollten nicht davon ablenken, dass die Verantwortlichen
nicht nur im Vorstand saßen. Wie steht es um die Kontrollpflicht des
Aufsichtsrats, wie um die Berichtspflicht des Wirtschaftsprüfers? Und
hat der heute amtierende Vorstand alles getan, um den Schaden für
Siemens und die Eigentümer möglichst gering zu halten? Im
Strafprozess verglich der Vorsitzende Richter die Kompetenzen des
früheren Compliance-Beauftragten mit einer "Feuerwehr, die zum
Löschen mit einem Zahnputzbecher ausgestattet ist". Heute erleben wir
bei Siemens das andere Extrem. Wie so oft bei Feuerwehreinsätzen
droht der Wasserschaden aus der Lösch(er)-Aktion größer zu werden als
der Brandschaden.

(Börsen-Zeitung, 30.7.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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