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Westdeutsche Zeitung: Die Karadzic-Festnahme öffnet Serbien die Tür zu Europa - Von EU-Beitritt kann noch keine Rede sein = Von Alexander Marinos

Geschrieben am 22-07-2008

Düsseldorf (ots) - In die Genugtuung über die Festnahme des
mutmaßlichen Kriegsverbrechers und Völkermörders Radovan Karadzic
mischen sich auch Wut und Empörung. Wut und Empörung darüber, dass es
13 Jahre gedauert hat, bis man diesen zynischen Poeten und irren
Psychiater dingfest machen konnte.

Verantwortlich dafür sind höchste Stellen im Militär und in der
Politik Serbiens. Sie deckten einen Mann, der in nationalistischen
Kreisen noch immer als Held verehrt wird. Es ist kein Zufall, dass
Karadzic erst jetzt, da eine pro-europäische Regierung in Belgrad das
Ruder übernommen hat, für seine Gräueltaten zur Verantwortung gezogen
wird.

Keine Frage: Serbien macht damit einen wichtigen Schritt auf
Europa zu - in einem Moment, in dem es den Anschluss an die EU
endgültig zu verpassen drohte. Es ist nicht lange her, da hatte
Belgrad aus Protest seine Botschafter aus Deutschland und anderen
EU-Staaten abgezogen, die die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt
hatten. Nun sollen die Diplomaten zurückkehren.

Entscheidend wird sein, ob die Zusammenarbeit der serbischen
Regierung mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal wirklich vollständig
ist, wie es Brüssel fordert. Das wäre die Voraussetzung dafür, dass
ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU in Kraft
tritt, das wiederum Voraussetzung für einen EU-Beitritt Serbiens ist
- irgendwann einmal, in ferner Zukunft.

Noch hält sich die rechte Hand Karadzics, Ratko Mladic, in Serbien
versteckt. Auch er gehört nun schnellstmöglich verhaftet und
ausgeliefert. Und dann wird zu beobachten sein, wie sich die in
Belgrad mitregierende Sozialistische Partei des früheren Machthabers
Slobodan Milosevic verhält. Wird der von ihr gestellte Innenminister
Ivica Dacic, der ein enger Mitstreiter Milosevics war, dem Tribunal
wirklich alle Dokumente zur Verfügung stellen, die Karadzic belasten?
Oder wird er das Verfahren in Den Haag mit Blick auf die eigene
Anhängerschaft torpedieren?

Auch die EU steht unter Beobachtung. Menschenrechtsorganisationen
verlangen von ihr Härte im Umgang mit Belgrad, als eine Art
Wiedergutmachung. Sie haben nicht vergessen, wie 1995 niederländische
UN-Blauhelme tatenlos dabei zusahen, als bosnische Serben in
Srebrenica 8000 Menschen massakrierten.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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