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LVZ: Gertz/Bundeswehrverband: Schwere Kritik an deutschen Auslandseinsätzen der Bundeswehr: Kein Konzept, hohes Risiko, keine funktionierende Arbeitsteilung / Motivationsprobleme für Soldaten befürcht

Geschrieben am 31-05-2006

Leipzig (ots) - Schwere Kritik an den deutschen
Bundeswehr-Auslandseinsätzen hat der Vorsitzende des
Bundeswehr-Verbands, Oberst Bernhard Gertz, geübt. Die Politik habe
dafür kein schlüssiges Konzept bei sehr hohem Risiko und nicht
funktionierender Arbeitsteilung zwischen den beteiligten Nationen, so
Gertz in einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung"
(Mittwoch-Ausgabe). Vor dem Hintergrund der akuten Sicherheitskrise
in Afghanistan meinte er: "Unser Einsatz in Afghanistan basiert nicht
auf einem wirklich schlüssigen Konzept. Die Aufgabenverteilung
zwischen den Nationen funktioniert nicht richtig. Notwendige
Aufgaben, wie die Drogenbekämpfung, werden eher links liegen
gelassen. Insgesamt verfehlen wir das Ziel, die Lebensverhältnisse
der Menschen zu verbessern." Daraus ergäben sich "Rückwirkungen auf
die Sicherheit unserer Männer und Frauen", die "Anlass zur Sorge"
gäben.

Zugleich schloss Gertz Motivationsprobleme für die zu entsenden
Soldaten nicht aus. "Eine negative Wirkung auf die Motivation wird
nicht ausbleiben. Bislang wussten wir, 99 Prozent der Bevölkerung
stehen hinter unseren Soldaten. Das trifft heute nicht mehr zu. Die
Bevölkerung ist müde geworden. Es wird auch nicht mehr differenziert
zwischen Amerikanern und Europäern." Vor diesem Hintergrund regte
Gertz eine ergänzende psychologische Einsatz-Betreuung der Soldaten
durch die Bundeswehr an. "Die Männer und Frauen, die wir nach
Afghanistan schicken, sind darauf vorbereitet, dass sie sich rund um
die Uhr in objektiver Gefahr durch Anschläge befinden. Aber wir
müssen sie vielleicht psychologisch noch intensiver vorbereiten auf
die sich verschärfende Konfliktsituation."

Von der Politik erwarteten sich im Übrigen die Soldaten, dass sie
nicht nur Soldaten ins Ausland entsende, sondern ihre eigenen
Hausaufgaben mache. "Die Politik redet sich manchmal die Verhältnisse
schön. Das war schon in Bosnien zu beobachten. Das haben wir im
Kosovo gesehen. Wir können mit Soldaten nur die vorübergehende
Abwesenheit von Krieg und Bürgerkrieg erkaufen, aber keine politische
Lösung bewirken." Deswegen müssten Soldaten darauf drängen, dass die
Politik ihre Hausaufgaben mache. "So hätten wir in Afghanistan sehr
viel früher eine Bestandsaufnahme machen müssen, warum es noch immer
keine Aussicht auf einen strategischen Erfolg gibt. So belastet die
immer noch nicht geklärte Frage des Zusammenwirkens zwischen
"Operation Enduring Freedom" - den wesentlich von den USA gestellten
Anti-Terroreinheiten - und der ISAF alle beteiligten Soldaten",
kritisierte Gertz.

Mit Blick auf den umstrittenen Kongo-Einsatz der Bundeswehr,
sprach Gertz erneut von "politischem Showbusiness mit militärischen
Mitteln". Es gebe eine europäische Afrikastrategie. "Sie wird nur
nicht konsequent umgesetzt. Wir erzählen unseren Bürgern und den
Menschen im Kongo, wir kämen besuchsweise für vier Monate, machen uns
dann wieder aus dem Staub und trotzdem sei alles gut." Dabei müsste
der Kongo als zentraler Ankerpunkt für eine Stabilisierung Afrikas
genutzt werden. "Die Durchführung eines Wahlgangs macht aus dem
Milliardär Kabila noch keinen Demokraten", meinte Gertz. "Wir setzen
unsere Soldaten einem Risiko aus, können ihnen aber nicht glaubwürdig
vermitteln, dass der Einsatz Sinn macht."

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/72626-2000


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