(Registrieren)

Krankenkassen rüsten sich für Gesundheitsfonds / Bericht über EUROFORUM-Konferenz "Gesundheitsfonds 2009" am 15. und 16. Juli in Berlin

Geschrieben am 17-07-2008

Düsseldorf (ots) - Wie nachhaltig der Gesundheitsfonds das
deutsche Gesundheitswesen umwälzen wird, wurde auf der
EUROFORUM-Konferenz "Gesundheitsfonds" am 15. und 16. Juli 2008 in
Berlin deutlich: Krankenkassen fürchten einen starken
Verdrängungswettbewerb und tüfteln an Strategien, um sich zu rüsten.
Politiker sind noch immer unterschiedlicher Ansicht, ob der Fonds die
richtige Wahl war, und erwägen Korrekturen. Die große Unsicherheit
gegenüber dem, was ihnen bevorsteht, eint sie alle.

Große Unsicherheit unter den Kassen

Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Versicherte und Patienten e.V., bezeichnete den Fonds als
Flickenschusterei, der neben Beitragserhöhungen auch
Leistungskürzungen mit sich bringen werde. Von den Krankenkassen
erwartet er wenig Aktivität: "Ich möchte heute in diesem maroden
System keine Krankenkasse sein", so der Patientenvertreter. "Die
Kassen wissen doch gar nicht, mit welchen Einnahmen sie künftig
rechnen dürfen - und da soll der Patient die optimale Versorgung
kriegen? Die Kassen werden eher sehr vorsichtig agieren."

Dr. Christoph Straub, stellvertretender Vorsitzender der Techniker
Krankenkasse, bestätigt die Unsicherheit unter den Kostenträgern:
"Wir sind nicht in der Lage zu kalkulieren, wir wissen nicht, wie der
Haushalt nächstes Jahr aussieht. Zwar rechnen wir mit einer
Mehrbelastung von einigen 100 Millionen Euro, aber die exakte Höhe
kennen wir nicht."

Selbst wenn der Beitragssatz, wie von vielen Experten erwartet,
über 15 Prozent steigt, werde es im Gesundheitssystem eine
Unterfinanzierung geben, wie Dr. Ralf Zeiner vom Beratungsunternehmen
IMS Health verdeutlichte. "Es wird zu einem sehr rigiden
Versorgungsmanagement der Kassen kommen", so seine Prognose.

Beiträge von über 30 Millionen Versicherten würden steigen, wenn
der einheitliche Satz auf 15,5 Prozent festgesetzt würde, wie Prof.
Dr. Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik,
aufzeigte. "Die Beitragssatzfestlegung ist nicht nur reines
politisches Kalkül, hier werden auch Menschen gegen ihren Willen zu
etwas gezwungen", so der Experte.

DAK-Chef Rebscher fordert Konvergenzphase

Prof. Dr. Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der DAK,
verurteilte den Fonds als "Basis für ein zentralistisch festgelegtes
Mittel". Das System mache Kassen abhängig von politischen
Zuwendungen. "Heute ist ja noch viel Fantasie erlaubt", so Rebscher
mit Blick auf die Spekulationen über die Höhe des Beitragssatzes.
"Wenn aber im Oktober die ersten Schätzungen kommen, bin ich auf die
Reaktionen von Arbeitgebern, Ländern und Ärzten gespannt." Selbst
wenn die Vorbereitungen so abliefen wie geplant, sei mit ersten
"seriösen Kalkulationsgrundlagen nicht vor Mitte November zu
rechnen". Zu spät für strategische Entscheidungen, findet Rebscher.
Er wisse nicht, wie Kassen dann bis zum 1. Januar 2009 Ersatzbeiträge
oder Prämien kalkulieren sollten. "Ich möchte mir die Situation erst
einmal ein Jahr lang ansehen dürfen, um zu wissen, wie und wo ich
umstrukturieren muss." Er wünsche sich die erstmalige Festsetzung des
Beitragssatzes am 1. November 2009. Jede Kasse hätte damit die
Möglichkeit, auf die Auswirkungen zu reagieren. "Wir müssen doch auch
unterjährig reaktionsfähig bleiben", so Rebscher.

Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion, teilt die kritische Einstellung zum
Gesundheitsfonds: "Die Idee, die unterschiedlichen Systeme
Gesundheitspauschale und Bürgerversicherung zu verbinden, gleicht der
Suche nach der Eier legenden Wollmilchsau", so Bahr. Im Fonds seien
die schlechten Eigenschaften beider Konzepte vereint. "Indem die
Politik künftig über die Höhe des Beitragssatzes entscheidet, sind
die Wettbewerbsmöglichkeiten der Kassen erheblich eingeschränkt." Die
Bürger hätten nicht mehr die Freiheit, sich für eine teurere, aber
nach ihrem Ermessen leistungsstärkere Kasse zu entscheiden. "Wir sind
auf dem Weg in ein zentralistisches System." Der Beitrag werde
künftig vor dem Hintergrund von Wahlen festgesetzt und nicht mit
Blick darauf, was gut für das Gesundheitswesen wäre. So könne es
passieren, dass jährlich kurzfristig die Zuzahlungen erhöht würden.
"Wir werden auch jetzt noch alles anstrengen, um das zu verhindern",
so der FDP-Sprecher.

Dr. Rolf Koschorrek aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach sich
für Nachbesserungen aus: "Wir werden arge Probleme bekommen. Wir
müssen den Mut haben und dürfen uns nicht zu schade sein, im Herbst
kritische Bausteine aus dem Konzept zu nehmen." Vor allem die 80
Diagnosegruppen im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich,
kurz Morbi-RSA, seien ein Wunschkatalog der Kassen. "Ich halte es für
fragwürdig, dass die Gruppen ausreichen."

Der ausführliche Pressebericht ist abrufbar unter:
http://www.euroforum.de/pb-ots-gfonds08

Originaltext: EUROFORUM Deutschland GmbH
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6625
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6625.rss2

Pressekontakt:
Romy König
Senior-Pressereferentin
EUROFORUM Deutschland GmbH
Westhafenplatz 1
60327 Frankfurt am Main
Tel.: +49 (0) 69/244-327-3391
Fax: +49 (0) 69/244-327-4391
Mailto:romy.koenig@informa.com
www.euroforum.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

148645

weitere Artikel:
  • BUND, PAN und Berufsimker fordern Verbot Bienen tötender Pestizide Berlin (ots) - Das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN), der Deutsche Berufs- und Erwerbs-Imkerbund (DBIB) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderten heute Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer auf, alle Pestizide mit den Bienen gefährdenden Insektengiften Clothianidin und Imidacloprid der Firma Bayer CropScience umgehend zu verbieten. Seehofer müsse zudem dafür sorgen, dass Bienen gefährdenden Pestiziden in Deutschland und der EU die Zulassung entzogen wird. Wenn Ende August mit Clothianidin und Imidacloprid mehr...

  • BGA: Generelle Entlastung besser als Pendlerpauschale Berlin (ots) - "Auf die steigenden Lebenshaltungskosten muss mit einer generellen Entlastung geantwortet werden. Die einseitige Diskussion um die Pendlerpauschale greift viel zu kurz. Von der starken Teuerung sind alle Bürger betroffen. Eine sachgerechte Lösung wäre eine durchgehende Steuersenkung, die allen mehr Geld in der Tasche belässt, um die steigenden Preise abzumildern." Dies erklärt BGA-Präsident Anton F. Börner zur anhaltenden Diskussion um die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale. "Niedrigere direkte Steuern sind das mehr...

  • stern.de: Ministerium patzt beim Einbürgerungstest Hamburg (ots) - Das Bundesinnenministerium hat seinen Einbürgerungstest mit falschen Antworten und grob missverständlichen Fragen gespickt. Das ergaben Recherchen von stern.de, der Online-Ausgabe des Hamburger Magazins stern. Die Fehler seien zwar inzwischen korrigiert worden, standen aber tagelang auf der Internetseite des Ministeriums, schreibt stern.de. Mindestens vier Fragen oder Antworten mussten nachträglich korrigiert werden. So hieß es in der Ursprungsversion von Frage 247: "Wer darf in Deutschland einen Antrag auf Eheschließung mehr...

  • Rheinische Post: NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft stützt Steinbrück bei Pendlerpauschale Düsseldorf (ots) - Die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Hannelore Kraft, hat sich in der Debatte um eine Rückkehr zur vollen Pendlerpauschale hinter Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gestellt. "Wir sollten das Urteil des Verfassungsgerichts in aller Ruhe abwarten", sagte Kraft der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). Entsprechende Forderungen aus neun SPD-Landesverbänden, schon jetzt eine Rückkehr zur alten Regelung bei der Entfernungspauschale anzustreben, lehnte Kraft ab. "Unsere Position mehr...

  • Bienenschutz und Pflanzenschutz: Kein Gegensatz Frankfurt a. M. (ots) - "Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland gilt als eine der strengsten der Welt. In Deutschland zugelassene Pflanzenschutzmittel sind sicher", betont Volker Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Agrar e. V. (IVA). "Wer die unglückliche Verkettung von Umständen, die zu Bienenschäden in Südwestdeutschland geführt haben, zum Anlass nimmt, bestimmte Insektizidwirkstoffe verbieten zu wollen, argumentiert an den Fakten vorbei", so Koch-Achelpöhler. Die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht