(Registrieren)

WAZ: Attentat und Entführungen - Schwere Krise in der Türkei. Leitartikel von Gerd Höhler

Geschrieben am 09-07-2008

Essen (ots) - Fast scheint es so, als habe sich alles gegen den
türkischen Ministerpräsidenten Erdogan verschworen. Für die türkische
Regierung könnte das Attentat auf das amerikanische Konsulat in
Istanbul dabei besondere politische Brisanz entwickeln.

Schon nach den blutigen Anschlägen islamistischer
Selbstmordattentäter vom November 2003 versuchten manche, dem
gewendeten Fundamentalisten Erdogan eine moralische Mitverantwortung
für den Terrorakt anzulasten. Sollte sich nun herausstellen, dass
wieder Attentäter aus Fundamentalisten-Zirkeln am Werk waren, wäre
das jetzt, auf dem Höhepunkt des Machtkampfs in der Türkei, ein
gefundenes Fressen für Erdogans Gegner.

Ohnehin steht das innenpolitische Barometer auf Sturm: Erdogan
kämpft um sein politisches Überleben. Das Verfassungsgericht in
Ankara verhandelt zurzeit über ein Verbot seiner
islamisch-konservativen AK-Partei. Der türkische Generalstaatsanwalt
will sie wegen angeblicher "Aktivitäten gegen die säkulare
Staatsordnung" verbieten und Premier Erdogan sowie weiteren 70
Regierungspolitikern für fünf Jahre jede parteipolitische Betätigung
untersagen lassen. Ein Verbot der Regierungspartei, die im Sommer
2007 mit 47 Prozent der Wählerstimmen bestätigt wurde, könnte die
Türkei in eine Staatskrise stürzen - wenn die nicht längst da ist: In
der vergangenen Woche wurden in mehreren türkischen Städten 21
Regierungsgegner festgenommen. Sie sollen der Untergrundorganisation
"Ergenekon" angehören, die angeblich mit inszenierten Massenprotesten
und Mordanschlägen einen Militärputsch provozieren wollte.

Unter den Festgenommenen, die in Untersuchungshaft sitzen, sind
auch zwei ehemalige Vier-Sterne-Generäle - das hat es in der
Geschichte der türkischen Republik noch nicht gegeben. Damit spitzt
sich der Machtkampf Erdogans mit der kemalistischen Elite und den
Militärs dramatisch zu.

Während die Ermittler zu klären versuchen, ob es Zusammenhänge
zwischen dem Blutbad vor dem Istanbuler US-Konsulat und der
"Ergenekon"-Verschwörung gibt, rückt die Entführung der drei
deutschen Bergsteiger den gefährlichen Krisenherd in der türkischen
Kurdenregion wieder ins Blickfeld. Die Entführung der drei Deutschen
bringt Erdogan zusätzlich in Bedrängnis: Seine eher zögerlichen
Versuche, den seit Jahrzehnten ungelösten Kurdenkonflikt zu
entschärfen, haben bisher wenig Früchte getragen - aber dem Premier
zusätzliches Misstrauen der Militärs eingebracht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

147476

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Die G8 und die Welternährungskrise Egoisten und Verantwortung Cottbus (ots) - Selbst auf dem Papier kriecht der Fortschritt nur wie eine Schnecke. Vom "ernsthaft prüfen" im vergangenen Jahr in Heiligendamm haben sich die G8 in diesem Jahr zur "Vision" vorgekämpft, den CO2-Ausstoß bis 2050 weltweit zu halbieren. Ein großes Lob an George W. Bush, der erkannt hat, dass nach ihm sowieso die Sintflut kommt. Eine große Anerkennung auch an Angela Merkel, die immer wieder mit viel Charme dafür sorgt, dass es in den Abschluss-Kommuniqués vorangeht. Aber nun kommt die Realität, und die ist noch langsamer. mehr...

  • Lausitzer Rundschau: EKD legt Denkschrift zur Verantwortung von Unternehmern vor Wertlos ohne Werte Cottbus (ots) - Es ist ein starkes Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft und es kommt zur rechten Zeit. Gegen überhöhte Managergehälter, Massenentlassungen nur aus Profitgründen und unmenschliche Arbeitsbedigungen bei ausländischen Lieferanten deutscher Konzerne hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in ihrer neuen Denkschrift zu "Unternehmerischem Handeln in evangelischer Perspektive" ausgesprochen, die gestern in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Doch bemerkenswert ist dabei auch, dass die Kirche den Holzhammer mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Landesrechnungshof Stuttgart (ots) - Der Landesrechnungshof kann einem fast leid tun. Jahrzehntelang haben die Finanzwächter die Regierung zum Sparen angetrieben, gebetsmühlenhaft tönte es aus Karlsruhe: Runter mit den Schulden! Und nun finden die gestrengen Mahner erstmals einen Haushalt vor, der keinen einzigen Euro Neukredit enthält. Bravo!, müssten sie da rufen. Stattdessen suchen sie nach dem Haar in der Suppe und finden es auch: Die Nettonull wäre schon ein Jahr eher möglich gewesen. Ganz redlich ist diese Mäkelei nicht, denn das Geld wurde ja nicht mehr...

  • Rheinische Post: Trittin für Verkürzung der Laufzeiten von Atomkraftwerken Düsseldorf (ots) - Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat jegliche Gespräche über eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken ausgeschlossen. "Eher gäbe es Anlass, die Laufzeiten zu verkürzen, als zu verlängern", sagte er der "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). Trittin begründete seinen Vorschlag damit, dass die Argumente gegen Atomkraft gewichtiger geworden seien. "Es gibt mehr Störfälle wie den jüngsten Austritt radioaktiv verseuchten Wassers in Frankreich", sagte er. Auch die nicht geklärte Frage der Endlagerung mehr...

  • Rheinische Post: Grüne bekennen sich zur Wahl von Gesine Schwan Düsseldorf (ots) - Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin hat sich in der Frage der Bundespräsidentenwahl klar hinter die SPD-Kandidatin Gesine Schan gestellt. "Ich gehe davon aus, dass sich die grünen Wahlfrauen und -männer für Gesine Schwan entscheiden", sagte er der "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). Bei Schwans Besuch in der Fraktion habe es "nur klare Bekenntnisse zu ihrer Person gegeben". Derzeit finden Beratungen mit den Landtagsfraktionen statt. Gemeinsam wollen sich die Grünen aus Bund und Ländern noch einmal Ende August äußern. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht