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LVZ: Leipziger Volkszeitung zum Atom-Streit

Geschrieben am 06-07-2008

Leipzig (ots) - Von André Böhmer Isoliertes Deutschland Auf den
ersten Blick hat der Atom-Streit beste Chancen, das politische
Sommerloch des Jahres 2008 zu füllen. Allerdings nur auf den ersten,
denn für kurzfristige Profilierungsversuche diverser Hinterbänkler
ist das Thema denkbar ungeeignet. Schließlich geht es um eine der
wichtigsten Zukunftsfragen.
Die Krise auf den Energiemärkten, die Millionen deutscher Haushalte
treffende Teuerungswelle bei Benzin, Öl und Gas hebeln die Debatte um
den Ausstieg aus der Atomenergie in das Gravitationszentrum der
Koalition. Damit ist klar was kommt:Die Kontroverse um die Zukunft
der Atomkraft in Deutschland wird im Bundestagswahlkampf 2009 ganz
oben stehen.
Der Blick auf das Wochenende lässt erahnen, mit welchen Geschützen
die Beteiligten in die Wahlschlacht ziehen werden. Acht Jahre nach
dem gesetzlich fixierten Atomausstieg unter Rot-Grün stellen die in
der Koalition mitregierenden Sozialdemokraten schon jegliches
Nachdenken über Verkürzung oder Verlängerung von
Kernkraftwerk-Laufzeiten unter politischen Generalverdacht. So
schnappte SPD-Generalsekretär Heil mit einem ideologie-getränkten
Pawlowschen Reflex Richtung Union und verbiss sich in den Vergleich
einer Atomsekte.
Peinlich für den SPD-General ist dabei allerdings, dass er
offensichtlich nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. Denn
mittlerweile liegen Gegner und Befürworter der Atomkraft kräftemäßig
fast gleichauf. In Ostdeutschland - das hat vor kurzem erst eine
Umfrage diese Zeitung ergeben - sind die Bedenken gegen die
Nuklear-Technik ohnehin gering. In diesem Zusammenhang von einer
Atomsekte zu sprechen, grenzt an eine bewusste Verdrehung der
Tatsachen.
Andererseits ist es bemerkenswert, dass die Anti-Atom-Front jetzt
schon innerhalb der SPD bröckelt. Wenn Erhard Eppler, einer ihrer
Vordenker, mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit tritt, der
abseits aller ideologischen Scheuklappen Kritisches und Konstruktives
vereint, dann lässt das aufhorchen. Er hat Recht, wenn er die nach
wie vor ungeklärte Endlager-Frage oder den Sicherheitsaspekt im
Zeitalter des Terrorismus thematisiert. Trotzdem zeugt sein Angebot
an die Union, moderne Meiler länger laufen zu lassen und im Gegenzug
auf den Neubau zu verzichten, von einem gewissen Realitätssinn, der
seiner Partei bei diesem Thema zum großen Teil fremd ist.
Ohnehin stellt sich immer mehr die Frage, ob der geplante deutsche
Alleingang beim Auslaufen der Kernkraft international nicht in die
Sackgasse führt. Es macht jedenfalls wirtschaftlich und ökologisch
wenig Sinn, auf heimische Atomkraft ganz zu verzichten, während in
Europa neue Kernkraftwerke am Entstehen sind und importierter Strom
auch aus nuklearen Quellen stammt. Mit diesem energie-politischen
Aktionismus wird Deutschland in die Isolation getrieben. Denn nur mit
regenerativen und fossilen Trägern, so wichtig sie auch sind, lässt
sich das Energieproblem in absehbarer Zeit nicht lösen.
@a.boehmer@lvz.de

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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