(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zum Börsengang der Bahn:

Geschrieben am 30-05-2008

Bielefeld (ots) - Achtung an der Bahnsteigkante! Der Bundes-ICE
fährt in Kürze am Bahnhof Börse ein.
Viele hatten den Privatisierungszug für diese Legislaturperiode schon
abgeschrieben. 14 Jahre ist er nun unterwegs. Das ist selbst für die
Deutsche Bahn, wo Verspätungen heutzutage an der Tagesordnung sind,
ein bisschen viel. Eine Ursache für die lange Fahrtdauer ist
natürlich die schwierige Topographie. Auf Umwegen und bei
unterschiedlichen Bremsmanövern hat der Privatisierungszug viel an
Tempo - und Begeisterung - eingebüßt.
Dabei ist es doch gelungen, gegen den Willen der Lokführer Wolfgang
Tiefensee und Hartmut Mehdorn einige wichtige Weichen neu zu stellen.
Wichtig ist vor allem, dass die Pflege und der Ausbau des
Schienennetzes weiterhin in Staatshand bleiben. Gleise und Bahnhöfe
in die Verfügung der Bahn-Aktiengesellschaft zu geben, hätte nicht
nur die vorhandene Infrastruktur in Gefahr gebracht. Eine solche
Entscheidung hätte auch wirklichen Wettbewerb verhindert.
Es war ein SPD-Parteitag, der hier die Notbremse gezogen hat. Umso
erstaunlicher, dass nun trotzdem zwei Dutzend sozialdemokratische
Abgeordnete bei der Abstimmung im Bundestag nicht in den
Koalitionszug einsteigen wollten. Die Linke spricht gar von
»Enteignung« des Volkes. Dabei werden zwei Drittel der erhofften acht
Milliarden Euro Einnahme in das Schienensystem oder in den
Bundeshaushalt fließen. Mindestens diese Gelder müssen den Steuer
zahlenden Teil des Volkes entlasten.
Am anderen Ende des politischen Meinungsspektrums kritisiert die FDP,
dass der Privatisierungszug zu früh gestoppt worden sei. Durch seinen
Zugriff auf das Netz bleibe der Staat in der Verantwortung - und in
der Zahlungspflicht. Dabei übersehen die Freidemokraten, dass die
Investitionen in die Schienen über die Netzgebühr natürlich auf die
Betreiber umgelegt werden müssen.
Im gesellschaftlichen Leben sind Namen manchmal Schall und Rauch. In
der Politik sind sie dagegen oft Programm. Insofern könnte die
englische Bezeichnung »DB Mobility & Logistics« für den Teil der
Bahn, der nun zu 25 Prozent privatisiert wird, nahelegen, dass die
Mehdorns in den Zugführerkabinen den Traum von einer Weltbahn noch
nicht aufgegeben haben. Die Aussicht, dass »unsere« ehemalige
Bundesbahn künftig durch Misserfolge etwa in China gebremst werden
könnte, weckt durchaus zwiespältige Gefühle.
Und was ist mit russischen Oligarchen im künftigen Aufsichtsrat der
Bahn? Wir werden uns daran gewöhnen. Nur etwa fünf Prozent des
Grundkapitals sollen an die Börse gegeben werden. 20 Prozent gehen
dagegen als Zuteilung an interessierte Investoren. Da kann man nun
wirklich nicht mehr von einer »Volksaktie« reden.
Bleibt zu hoffen, dass keine neuen Negativnachrichten aus dem
Finanzsektor die Stimmung der Marktteilnehmer weiter trüben. Sonst
wird aus der Einfahrt des Bundes-ICE im Bahnhof Börse am Ende ein
grandioser Flop.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

140193

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Die Stasis von der Telekom Düsseldorf (ots) - von Sven Gösmann Wie weit sich einige Manager der Großindustrie von der Realität und damit von Recht und Gesetz entfernt haben - die Telekom bietet ein unfassbares Beispiel dafür. Die Telefonate von Journalisten wurden bespitzelt, ihre Bankkonten ausspioniert. Die Auftraggeber, ob sie nun Zumwinkel, Ricke, Sommer oder wie auch immer heißen, legen unfreiwillig ihre verengte Weltsicht offen: Alles ist käuflich, die Wahrheit eine Ware, für die es eine Flatrate gibt. Die Affäre bestätigt den Ruf der Telekom als Deutschlands mehr...

  • LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Bahn-Teilprivatisierung Leipzig (ots) - Nach jahrelangem Gezerre hat sich die Koalition endlich auf die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn geeinigt. Was aber nach fünfjähriger Diskussion dabei herausgekommen ist, stellt keine Weichen für die Zukunft. Das Ergebnis ist eine halbgare Nummer, bei der die Bahn staatlich, aber auch ein bisschen privat bleibt. Ein bisschen Marktwirtschaft eben à la große Koalition. Für jeden Laien ist es aber ohne Verständnisprobleme einsichtig, dass ein bisschen Marktwirtschaft nicht geht. Man kann nicht Aktien verkaufen, den Käufern mehr...

  • Rheinische Post: Beck im Tief Düsseldorf (ots) - von Martin Kessler Die SPD auf historischem Tiefstand, die Union erholt, die Koalition bei 60 Prozent. So ließen sich die beiden Umfragen von ZDF-Barometer und Emnid-Institut zusammenfassen. Die große Koalition bekommt - wie vorhergesagt - beiden großen Volksparteien nicht sonderlich. Aber zugleich haben die Großkoalitionäre selbst Schuld. Denn außer der Rente mit 67 und dem möglichen Etat-Ausgleich 2011 haben SPD und Union nicht allzu viel zustande bekommen. Die Quittung folgt zu Recht. Ganz schlimm hat es die mehr...

  • Rheinische Post: Rollendes Risiko Düsseldorf (ots) - Der Feuerball von Straelen, in dem gestern ein Lkw explodierte, ist binnen weniger Tage der dritte dramatische Hinweis darauf, das wir äußerst schlecht auf die Risiken des sprunghaft wachsenden Güterverkehrs vorbereitet sind. Die Autobahnen sind nicht annähernd für die Belastung durch die Massen von 40-Tonnern ausgelegt. Der Bremsweg eines Schwerlasters, der mit Tempo 80 unterwegs ist, beträgt selbst bei günstigstem Fahrbahnzustand 66 Meter. Theoretisch müsste deshalb ein Lkw 50 Meter Abstand zum nächsten halten gemessen mehr...

  • Rheinische Post: SPD-Fraktionschef Struck legt Vorschlag für gesetzliche Schuldenregel vor "Schuldenbremse für Bund kommt" Düsseldorf (ots) - Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, hat sich darauf festgelegt, dass die Koalition in der Föderalismuskommission II eine gesetzliche Schuldenregel für den Bund beschließen wird: "Die Schuldenbremse für den Bund kommt", sagte Struck der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). Struck leitet zusammen mit dem CDU-Ministerpräsidenten Günther Oettinger die Kommission, die kommende Woche erneut zusammentritt. "Oettinger und ich wollen Ende Juni einen Vorsitzenden-Vorschlag vorlegen, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht