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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Rüttgers/Rente -

Geschrieben am 21-04-2008

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder. Wenn die deutsche
Rentenversicherung ihre Kunden, also die Beitragszahler, über den
Stand ihrer Ansprüche informiert, ist das jedes Mal auch eine
Kapitulationserklärung. Neben erschreckend geringen Rentenaussichten
wird dem abhängig beschäftigten Bürger als Zwangsmitglied eines
maroden Systems niederschmetternd offen und ehrlich mitgeteilt, dass
er sich wegen der eingebauten Versorgungslücke zusätzlich absichern
solle. Besser lässt sich das Scheitern eines Rentensystems nicht
beschreiben, auf das viele Menschen vertraut haben. Nun verlieren sie
Vertrauen - und Geduld. Denn wer als Geringverdiener wenig einbezahlt
und kaum Geld für private Zusatzversorgung hat, dem droht
Altersarmut. Und wer als Besserverdiener höchste Zwangsbeiträge
aufbringen muss, der wird die zu erwartende Rendite als Diebstahl
seines Kapitals betrachten. So hatten sich die Beitragszahler die
Generationensolidarität, die längst nichts mehr mit Gerechtigkeit zu
tun hat, von der Politik aber unverdrossen schön geredet wird, nicht
vorgestellt.
Die meisten Politiker reagieren auf die herannahende Katastrophe, die
die Grundfesten der demokratischen und sozialen Ordnung erschüttern
kann, mit Ratlosigkeit oder populistischen Vorschlägen, die alles nur
noch schlimmer machen - und die Renten der Zukunft immer unsicherer.
Wenn Jürgen Rüttgers, der selbsternannte christdemokratische
Arbeiterführer von Rhein und Ruhr, jetzt niedrige Renten kräftig
anheben will, schielt er unter Missachtung finanzpolitischer Vernunft
und Generationengerechtigkeit nur auf einen: den älteren, ärmer
werdenden, frustrierten Wähler. Mit solchen Eingebungen ist Rüttgers
nicht mehr weit von der Linken entfernt. Kurzfristig taktisch liegt
er damit gar nicht so falsch. Die Rentner begehren auf, zu Tausenden.
Im Braunschweiger Dom wollen sie, die montäglichen Leipziger
Friedensgebete kopierend, jetzt wöchentlich den Druck auf die Politik
lautstark erhöhen. Aber strategisch versündigen sich Rüttgers und Co
an den Zukunftschancen Deutschlands. Sie wollen Sozialpolitik mit der
Rentenkasse machen, wo doch der überschuldete Staat zuständig wäre -
und steigern damit Ungerechtigkeit und Spannungen zwischen den
Generationen.
Mit immer neuen Verteilungsgeschenken wird ein Rentensystem nur noch
schneller in den Tod getrieben, das sowieso nicht dazu taugt, die
demografischen Herausforderungen zu bewältigen. Immer weniger
Beitragszahler können nicht beliebig mehr Rentner alimentieren. Das
mit vielen Rentenlügen künstlich am Leben erhaltene System kann nicht
reformiert, es muss abgeschafft werden. Vor dieser Wahrheit drücken
sich die Wohlfahrtspolitiker in den Volksparteien herum. Die
Umstellung auf ein kapitalgedecktes oder steuerfinanziertes
Rentensystem sei unmöglich, wird Kritikern entgegengehalten. Doch das
ist falsch. Schon jetzt werden wegen aller möglichen politisch
veranlassten Sonderleistungen viele Steuermilliarden ins System
gepumpt. Da könnte es bei befristeten Steuererhöhungen übergangsweise
gleich eine staatliche Grundrente geben, unter Berücksichtigung
bisheriger Anwartschaften. Allmählich könnte dann auf eine
kapitalgedeckte Grundrente mit zusätzlicher privater Vorsorge
umgestellt werden. Doch dazu fehlt der deutschen Politik die Kraft.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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