(Registrieren)

Föderalismusreform schafft Kompetenzwirrwarr zu Lasten von Natur und Umwelt

Geschrieben am 18-05-2006

Berlin (ots) -

- Querverweis: Ein Dokument liegt in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Die geplante Großreform zersplittert im Umweltrecht die
Zuständigkeiten von Bund und Ländern statt sie zu bündeln - Deutsche
Umwelthilfe fürchtet in der Folge Umweltdumping der Länder,
Dauerkollisionen mit dem EU-Recht, endlose Rechtsstreitigkeiten vor
dem Bundesverfassungsgericht und fordert bei der Anhörung im
Bundestag "tief greifende Korrekturen"

18. Mai 2006: Die geplante Föderalismusreform bedroht bereits
erreichte Umweltstandards in Deutschland, öffnet einem Umweltdumping
zwischen den Bundesländern Tür und Tor, programmiert endlose
Rechtsstreitigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht, befördert die
umweltpolitische Kleinstaaterei, konterkariert darüber hinaus das von
der Großen Koalition angestrebte einheitliche Umweltgesetzbuch und
gefährdet schließlich massiv die Europatauglichkeit Deutschlands im
Umweltrecht. Das sind die zentralen Ergebnisse der Analyse, die die
Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) heute bei der gemeinsamen Anhörung
von Bundestag und Bundesrat zur geplanten Föderalismusreform
vorstellte. Gleichzeitig würde mit der Verabschiedung des Entwurfs
von Union und SPD "auf unabsehbare Zeit die Chance vertan, ein
modernes, effizientes Umweltrecht zu schaffen, das sich an den
globalen Herausforderungen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes
orientiert", erklärte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz
und Recht der DUH, im Plenarsaal des Bundestages. Ziehm stand mit
ihrer Kritik keineswegs allein. Selbst von den Koalitionsfraktionen
benannte Umwelt- und Rechtsexperten äußerten teilweise harsche Kritik
an den geplanten Verfassungsänderungen.
Im Zentrum der Kritik stehen die Abweichungsrechte, die den
Bundesländern künftig in entscheidenden Bereichen des Umwelt- und
Naturschutzrechts eingeräumt werden sollen, wenn der Bund zuvor ein
Gesetz erlassen hat. Bundesgesetze sollen demnach grundsätzlich erst
sechs Monate nach ihrer Verabschiedung in Kraft treten, mit dem
ausdrücklichen Ziel, dass die Bundesländer sie nach Belieben durch
eigene, abweichende Regelungen ersetzen können. Dies werde unter den
Ländern - etwa beim Wettbewerb um Industrieansiedlungen - im
Einzelfall einen Wettlauf um die niedrigsten Umweltstandards
auslösen. Der bisher unbestrittene verfassungsrechtliche Grundsatz
"Bundesrecht bricht Landesrecht" werde in sein Gegenteil verkehrt,
weil die Länder stets am längeren Hebel säßen. Ziehm erklärte, jedem
Laien sei unmittelbar einsichtig, dass Umweltprobleme sich
grundsätzlich nicht an Landesgrenzen orientieren und nannte als
Beispiel den Hochwasserschutz etwa an der Elbe. In Zukunft müssten
für die Gesetzgebung die Einzugsgebiete der Flüsse maßgeblich sein,
wie das das geltende EU-Recht auch vorsehe. In der gegenwärtigen Form
bestätige die Reform geradezu vergangene Sünden im Hochwasserschutz,
bei dem beispielsweise Brandenburg einseitig seine Elbdeiche erhöhe,
Niedersachsen sich auf einen wirkungslosen Kahlschlag der
Weichholzauen konzentriere und kein Land aktiv Rückhalteflächen
entlang des Stroms und seiner Nebenflüsse bereitstelle.
Zudem lasse die geplante Reform das von der Großen Koalition
angestrebte und von der DUH grundsätzlich befürwortete einheitliche
Umweltgesetzbuch von vornherein ins Leere laufen, sagte Ziehm. Daran
ändere auch nichts die nachträglich in den Reformentwurf eingefügte
Bestimmung, wonach die Abweichungsrechte der Länder erst Ende 2009
einsetzen sollen. Selbst wenn Bundestag und Bundesrat bis dahin ein
einheitliches Umweltgesetzbuch zustande gebracht haben sollten, werde
das die Länder nicht hindern, das neue Recht im Nachhinein zu
durchlöchern. Wer glaube, die Länder würden angesichts eines
bestehenden Umweltgesetzbuchs von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch
machen, müsse erklären, warum er dann nicht im Sinne des
übergreifenden Ziels einer klaren Kompetenzverteilung zwischen Bund
und Ländern von vornherein auf die Abweichungsrechte verzichte.
Ziehm versicherte, die Föderalismusreform sei grundsätzlich
"notwendig und überfällig". Im Fall des Umweltrechts würden jedoch
die Ziele der Reform in ihr Gegenteil verkehrt. "Statt der
angestrebten Kompetenzbündelung drohen Kompetenzzersplitterung und
neue Unübersichtlichkeit". Die DUH-Expertin appellierte an die
Gesetzgeber in Bund und Ländern, den Umweltteil des Reformvorhabens
nicht ohne tief greifende Korrekturen passieren zu lassen. Ziehm:
"Umweltschutz ist und bleibt nach Artikel 20a unseres Grundgesetzes
ein Staatsziel. Dieses Ziel ist nicht disponibel."

Die heute bei der Anhörung im Bundestag vorgetragene
DUH-Stellungnahme zur geplanten Föderalismusreform ist dieser
Pressemitteilung als elektronischer Anhang beigefügt.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Für Rückfragen:
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0160 5337376, E-Mail: ziehm@duh.de
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19, E-Mail:
resch@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

13128

weitere Artikel:
  • Foul oder fair, Helden oder Versager? / Oxfam fordert Politiker auf, WTO-Entwicklungsrunde zu retten Berlin (ots) - - Querverweis: Grafik ist unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=ogs abrufbar - Superhelden können auf Hochhäuser klettern und ganze Städte retten, aber können Spitzenpolitiker auch das Ruder bei der derzeitigen Welthandelsrunde der WTO herumreißen und sie wirklich zu einer Entwicklungsrunde machen? Die Verantwortlichen am Verhandlungstisch in Genf laufen Gefahr zu versagen. Anders als in den Comic-Heften wird es hier aber kein Happyend geben, wenn sie die falschen Entscheidungen treffen. Mit neuen mehr...

  • "Was erlauben Strunz" mit Claus Strunz Zu Gast: Fredi Bobic und Marcel Reif - am Montag, 22.05.06, 23:30 Uhr auf N24. Berlin (ots) - Am kommenden Montag, 22.05.06, sind Ex- Nationalspieler Fredi Bobic und Fußball-Kommentator Marcel Reif zu Gast bei "Was erlauben Strunz". Die WM-Generalprobe: Deutschlands Gegner im Eröffnungsspiel, Costa Rica, gegen das All-Star-Team von Paul Breitner. Wie stark ist Costa Rica wirklich und was kann Jürgen Klinsmann aus diesem Test-Spiel lernen? Ex-Nationalspieler Fredi Bobic testet am Wochenende (20.05.06) Costa Ricas Nationalmannschaft. Bei "Was erlauben Strunz" verrät er die Tricks der karibischen Fußball-Stars. mehr...

  • Saarbrücker Zeitung: Merten verteidigt Kongo-Mission gegen Kritik aus SPD - Breite Zustimmung erwartet Saarbrücken (ots) - Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Ulrike Merten, hat den Bundeswehreinsatz im Kongo gegen Kritiker auch aus den eigenen Reihen verteidigt. ,,Das sind Stimmen Einzelner, die man nicht überbewerten sollte", sagte die SPD-Politikerin der Saarbrücker Zeitung (Donnerstag-Ausgabe). Richtig sei allerdings, dass die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums in dieser Frage einige Zeit nicht optimal gewesen sei. ,,In durchaus guter Informationsabsicht" seien in ,,einem sehr frühen Stadium sehr mehr...

  • Der Tagesspiegel: Gewerkschaft der Polizei zu Debatte um Heye-Äußerung Berlin (ots) - Berlin - Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sagte dem Tagesspiegel (Freitagausgabe): "Ich würde zwar Begriffe wie No-Go-Areas nicht benutzen. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn wir mit einer gründlichen Analyse und einer umfassenden Diskussion der Situation anfangen. Wir müssen uns intensiv damit auseinandersetzen, denn diese Problematik wird nicht plötzlich einfach verschwinden." Die Statistiken zeigten eindeutig, dass die rechten Gewalttaten zunähmen, aber es werde immer weniger dagegen mehr...

  • Westfälische Rundschau: Forsa-Umfrage zur politischen Stimmung in NRW Dortmund (ots) - Dortmund. Ein Jahr nach dem Machtwechsel in Nordrhein-Westfalen ist eine große Mehrheit der Wähler unzufrieden mit der Arbeit der schwarz-gelben Landesregierung. Trotzdem könnten CDU und FDP, wenn am Sonntag Landtagswahl wäre, mit einer klaren Mehrheit rechen, weil die SPD derzeit nicht als wählbare Alternative eingeschätzt wird. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag des Fernsehsenders n-tv und der in Dortmund erscheinenden Westfälischen Rundschau. Danach würde die CDU derzeit mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht