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Westdeutsche Zeitung: Auf der bioethischen Rutschbahn = Von Christoph Lumme

Geschrieben am 02-04-2008

Düsseldorf (ots) - Wer sich empört, sucht nach starken Worten. Und
so legen die Reaktionen auf die britischen Forschungen mit
Mensch-Kuh-Embryonen den Verdacht nahe, eine Schar verrückter
Forscher schaffe ein Monstrum mit dem Körper eines Rindes und dem
Kopf eines Menschen.
Das ist Unfug, denn tatsächlich geht es den britischen
Humangenetikern nicht darum, Fabelwesen auf die Menschheit
loszulassen. Sie wollen lediglich die Produktion embryonaler
Stammzellen erleichtern, mit denen man möglicherweise irgendwann
Krankheiten wie Alzheimer heilen kann.
Doch ganz unabhängig von der ideologischen Frage, in welchem Stadium
der Zellteilung Leben beginnt: Die Fusion von menschlichem und
tierischem Erbgut ist ein Irrweg, und zwar zunächst einmal aus einem
pragmatischen Grund. Mittlerweile zeigt die Genetik bessere Wege auf,
den Verbrauch menschlicher Eizellen einzuschränken. Ein
hoffnungsvoller Ansatz ist die Forschung an erwachsenen Körperzellen
des Menschen, die zu Stammzellen umprogrammiert werden und künftig
embryonale Erzeugnisse ersetzen könnten. Aber die Chimären-Forschung
führt nicht nur medizinisch in die Sackgasse: Jede Vermischung von
menschlicher und tierischer Erbinformation bleibt ein ethischer
Tabubruch, der die biologische Integrität unserer eigenen Spezies
gefährdet. Fallen erst die Grenzen zwischen den Arten, steigt das
Risiko, dass Krankheiten über Artgrenzen hinweg übertragen werden.
Das zentrale Argument gegen Chimären-Forschungen bleibt die fehlende
Kalkulierbarkeit. Schon ist es Humangenetikern gelungen, Mäuse zu
züchten, in deren Hirnen menschliche Nervenzellen arbeiten. Ein
humanisierte Maus erlangt zwar keine höhere Bewusstseinsstufe. Aber
was wäre, würden Genetiker ähnliche Experimente an unseren nächsten
Verwandten, den Affen, vollziehen? Niemand will ausschließen, dass
die Grenze zwischen Mensch und Tier damit endgültig eingerissen
würde.
Genvermischung ist keine Phantasterei, und die Forscher der
Universität von Newcastle befinden sich längst auf einer bioethischen
Rutschbahn. Großbritannien wird sie nicht aufhalten, aber vielleicht
ein internationales Regelwerk. Nun steht die Europäische Union in der
Pflicht.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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