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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 1. April 2008 die Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst:

Geschrieben am 31-03-2008

Bremen (ots) - Muskelspiele
von Joerg Helge Wagner
Mülltonnen werden heute geleert, Briefkästen aber nicht - so könnte
man aus Kundensicht den gestrigen Tariftag zusammenfassen. Natürlich
ist alles viel komplizierter - nicht nur, weil die Tarifrunden im
Öffentlichen Dienst und bei der privatisierten Post verschiedene
Veranstaltungen sind. Da aber auf der Arbeitnehmerseite in beiden
Fällen die mächtige Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verhandelt,
sind sie doch wieder vergleichbar.
Deren Chef Frank Bsirske kann derzeit vor Kraft kaum laufen, was
offenbar zu Muskelspielen verführt. Denn das, was er nun als
Durchbruch feiert, ist in der Substanz dem von ver.di abgelehnten
Schlichterspruch vom Donnerstag zum Verwechseln ähnlich. Man ist
wieder bei rund acht Prozent Entgelterhöhungen in zwei
Jahresschritten, man hat die Arbeitszeit doch moderat erhöht, der
Sockelbetrag ist von den geforderten 200 auf 50 Euro geschmolzen und
Leermonate gibt es auch noch - zumindest für die Kollegen im Osten.
Das sieht zunächst nicht nach Arbeitnehmer-Triumpf aus, auch wenn die
Arbeitgeberseite pflichtgemäß stöhnt, ächzt und warnt.
Eindrucksvoller ist jedoch, dass sie es nicht mehr riskiert,
wochenlange Streiks zu provozieren - was die Länder 2006 noch
durchgezogen haben. Darin liegt der eigentliche Erfolg von Bsirske
und Co.: Allein ihre Drohungen bewirken wieder etwas - eine
Erfahrung, an die sich Gewerkschafter kaum noch erinnern konnten.
Ist das nun ein teures Vergnügen? Ja und nein. Natürlich werden wir
alle dafür bezahlen müssen: direkt über Müll- und
Kindergartengebühren, über Busfahrpreise und Schwimmbad-Tickets oder
indirekt über Mietnebenkosten. Andererseits kann man es nicht
ernsthaft maßlos finden, wenn die Pflegekräfte im kommunalen
Krankenhaus oder die Müllwerker in diesem Jahr drei Prozent mehr
Entgelt und ein 50-Euro-Bonbon bekommen - bei längerer Arbeit und
einer Inflationsrate von rund drei Prozent. Das nämlich trifft keine
"Besserverdiener".
Aber genau da steckt auch der Haken: Diejenigen, denen man einen
Schluck aus der Pulle am ehesten gönnt, laufen auch am ehesten
Gefahr, durch Privatisierung aus dem Tarif gedrückt zu werden.
Muskelspiele beeindrucken eben nur kurz.

Originaltext: Weser-Kurier
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2

Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@btag.info


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