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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Irak

Geschrieben am 19-03-2008

Leipzig (ots) - Fünf Jahre nach dem US-Einmarsch in den Irak sind
die Nachrichten so widersprüchlich wie die Lage. Einerseits sieht die
Mehrheit der Iraker nach einer seriösen Umfrage, an der auch ARD und
BBC beteiligt sind, wieder Hoffnung. Andererseits sterben Menschen
bei Übergriffen in Basra und Kirkuk.
Dass die Gewalt in der Hauptstadt eingedämmt werden konnte, hat zwar
auch mit den zusätzlichen 30000 US-Soldaten um Bagdad zu tun, aber
vor allem ist es eine Folge der Kooperation mit sunnitischen
Scheichs, deren Milizen nun mit für Sicherheit sorgen. Sie haben sich
gegen die El Kaida gewandt, deren tödliche Anschläge nur allzu oft
ganz normale Bürger trafen.
Doch wie alles im Irak ist auch dieser Zustand fragil. Weder die
instabile irakische Regierung noch die Besatzer haben es geschafft,
Schiiten, Kurden und Sunniten miteinander zu versöhnen. Der Aufbau
verläuft schleppend, die zunehmende Religiosität behindert Frauen in
ihrer Entwicklung. Der Iran nutzt die Schwäche Bagdads und spielt mit
den Muskeln. Von einem "Anker der Stabilität" im Nahen Osten, wie es
US-Präsident George Bush gern hätte, ist der Irak jedenfalls weit
entfernt.
Erwartungsgemäß verteidigte Bush den Irak-Einmarsch. Aber die
US-Administration hatte nach dem kurzen Krieg und der berechtigten
Freude über Saddams Sturz keinerlei Plan für einen neuen Frieden und
ließ alle Strukturen zusammenbrechen. Bush wird in seiner Amtszeit
den "strategischen Sieg" im Irak, von dem er gestern sprach, wohl
kaum noch erreichen.
Über das schwierigste außenpolitische Problem der USA werden auch die
Wähler mit der Präsidentenkür entscheiden. Der Republikaner John
McCain, der vor dem fünften Jahrestag demonstrativ Flagge zeigte bei
den US-Soldaten in Bagdad, setzt auf militärische Stärke, will die
Präsenz der Truppen erhöhen und sie notfalls 100 Jahre im Irak
lassen. Die Demokraten Hillary Clinton und Barack Obama plädieren für
einen Truppenabzug, der Senator will diesen schon nach 16 Monaten
abschließen. Weder das eine noch das andere wird sich so durchsetzen
lassen. McCain dürfte an der ausgereizten Leidensfähigkeit der
Amerikaner scheitern - die einst willigen Europäer ziehen sich
ohnehin immer mehr zurück -, und die Demokraten an den
realpolitischen Zwängen, die sich aus der Lage im Irak ergeben.
Leider hat weder die eine noch die andere Seite bisher durchblicken
lassen, wie eine vernünftige, friedliche Konfliktlösung aussehen
könnte.
Doch die Deutschen haben, ebenso wie andere Europäer, keine
Veranlassung, mit Achselzucken und Häme auf das Dilemma zwischen
Euphrat und Tigris zu blicken. Der Irak befindet sich nicht auf
irgendeinem fernen Planeten. Ganz unabhängig von einer Debatte über
Schuld und Versäumnisse liegt eine politische und wirtschaftliche
Stabilisierung des Irak wie der gesamten Region auch im deutschen
Interesse. Und jeder neue US-Präsident wird von den Verbündeten mehr
Engagement einfordern.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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