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Westdeutsche Zeitung: Die Lehren aus dem Fall Coesfeld = von Wolfgang Radau

Geschrieben am 12-03-2008

Düsseldorf (ots) - Es mag sein, dass etliche junge Kerle beim Bund
ein Prickeln empfinden, wenn sie beim Nachtmarsch überfallen,
gefesselt und unter dem Geknatter eines Maschinengewehrs "verhört"
werden. Ein solches Geländespiel sei der Höhepunkt der
Grundausbildung, wollten die Angeklagten im sogenannten
Coesfeld-Prozess glauben machen.
Etliche Rekruten hatten da eine andere Wahrnehmung: Dass ihnen bei
verbundenen Augen Wasser in die Nase gepumpt wurde, sei ebensowenig
spaßig gewesen wie Stromstöße mit dem Feldtelefon, Schläge, Fußtritte
und andere Schikanen. Nein - das seien massive Angriffe gegen die
Menschenwürde gewesen, entschied gestern auch das Landgericht Münster
und verurteilte fünf Soldaten wegen Misshandlung ihrer Untergebenen.
Der Skandal liegt darin, dass junge Wehrpflichtige hilflos der
Willkür krimineller Ausbilder ausgesetzt sind und am Ende sogar noch
zum Schweigen vergattert werden. Von Vorgesetzten, die sich hinter
dem nächsthöheren Dienstgrad verstecken und, wenn das
Schwarzer-Peter-Spiel ins Stocken gerät, wieder nach unten zeigen:
Dort seien die Verantwortlichen zu finden - sie selbst hätten nichts
gewusst.
Bezeichnend für die Vorkommnisse von Coesfeld ist, dass die
verurteilten Akteure in der Mehrzahl Unteroffiziere waren, die
Auslandseinsätze und eine entsprechende Spezial-Ausbildung hinter
sich haben. Das Beispiel zeigt, dass es der Bundeswehr nicht
überzeugend gelingt, ihre Afghanistan- und Bosnien-Kämpfer auf den
Boden ziviler mitteleuropäischer Verhältnisse zurückzuholen. Die
Rekruten von Coesfeld waren eben keine Freiwilligen einer
Sonder-Einsatztruppe, sondern Staatsbürger, die für kurze Zeit
Uniform tragen und zum militärischen Instandsetzungsdienst weitab
jeder Front ausgebildet werden.
Dem Wehrbeauftragten Reinhold Robbe, den die Frage umtreibt, warum
der Fall Coesfeld nur durch Zufall ans Licht gekommen ist, sei
gesagt: Gut, dass er überhaupt publik geworden ist - durch
Wehrpflichtige, die trotz Drohungen den Mund aufgemacht haben. Sobald
die Urteile rechtskräftig sind, muss die Bundeswehr die Schleifer von
Coesfeld für immer aus dem Verkehr ziehen. Zur ihrer eigenen
Sicherheit - und als Warnung für potentielle Nachahmer.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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