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Südwest Presse: Kommentar zum BND

Geschrieben am 19-02-2008

Ulm (ots) - Man kann es sich natürlich leicht machen und sagen:
Das war doch ein gutes Geschäft. Keine fünf Millionen Euro hat der
BND für die Informationen gezahlt, mit denen der Fiskus jetzt ein
paar hundert Millionen Euro bei kriminellen Steuersündern eintreiben
kann. Doch die Operation hat ohne Zweifel einen bitteren
Beigeschmack, denn das potenzielle Beweismaterial ist auf
gesetzwidrige Weise beschafft worden, durch Datenklau. Heiligt der
Zweck etwa alle Mittel, auch Diebstahl zu Gunsten der Staatskasse?
Gewiss sind die Aktivitäten von Nachrichtendiensten nichts für
Zartbesaitete. Der BND hat es oft mit dubiosen Quellen zu tun, seine
Leute bewegen sich in rechtlichen Grauzonen und überwiegend auf einem
Terrain, das unbescholtene Bürger besser meiden sollten. Wann immer
der Bundestag in den letzten Jahrzehnten die Umtriebe der
Nachrichtendienste auszuleuchten hatte, wurden die Abgeordneten der
verschiedenen Untersuchungsausschüsse Zeugen einer riskanten
Gratwanderung zwischen rechtsstaatlicher Unbedenklichkeit und
illegalen Abwegen. Schon deshalb muss der BND immer wieder auf den
Prüfstand.
Unsere Verfassung schreibt nicht ohne Grund die strikte Trennung von
Geheimdiensten und Strafverfolgung vor - als Lehre aus dunkler
Nazi-Vergangenheit. Der demokratische Rechtstaat kann auf das
Instrument verdeckter Nachrichtenbeschaffung nicht verzichten, weil
er sich sonst seinen Gegnern, allen voran gewaltbereiten Extremisten
und dem internationalen Terrorismus, schutzlos ausliefern würde. Aber
er darf nicht zulassen, dass sich Dienste verselbständigen und
Agenten die Grenzen der Gesetze missachten. Vor allem aber kann das
Parlament nicht auf seine Kontrollfunktion verzichten, selbst wenn
dies immer wieder dazu führt, dass der BND mehr Einblick in seine
Aufklärungsstrategie gestatten muss, als ihm lieb sein kann.
Im vorliegenden Fall steht nun der Vorwurf im Raum, der Staat habe
offenkundiges Diebesgut angekauft, um an vertrauliche Informationen
über massenhafte Steuerhinterziehung zu gelangen. Es ist tatsächlich
eine höchst beklemmende Vorstellung, dass sich Bundesbedienstete auf
ein Geschäft mit Hehlerware eingelassen haben, und es sollte daher
eindeutig geklärt werden, ob der BND wirklich nur als Bote und
Amtsgehilfe der deutschen Justiz unterwegs war, und nicht als
Anstifter einer Straftat oder als aktiver Ermittler und
Steuerfahnder.
Nur wenn die beteiligten Behörden alle gesetzlichen Vorgaben
eingehalten haben, sollte das pikante Material, gleichsam als
"Windfall-Profit" geheimdienstlicher Routinearbeit, vor Gericht als
Beweismittel bestehen können. Immerhin hat der Staat ja auch die
Pflicht, seine Bürger zu Gesetzestreue anzuhalten und Rechtsverstöße
möglichst wirksam zu ahnden. Insofern wäre es nur schwer
vermittelbar, wenn die Justiz ohne Not auf die Nutzung von
Informationen verzichten würde, die sie auf die Spur zahlreicher
Steuersünder zu bringen versprechen.
Neben dieser rechtlichen Betrachtung der aktuellen Affäre gibt es
auch die moralische Bewertung. Soll man Kriminelle laufen lassen, nur
weil das Grundgesetz ein formales Trennungsgebot zwischen
Geheimdienst und Strafverfolgung formuliert? Dafür hätte
wahrscheinlich eine große Mehrheit der Bundesbürger wenig
Verständnis. Insofern sollten alle Versuche unterbleiben, den BND als
Überbringer einer unbequemen Nachricht voreilig zu diskreditieren.
Ebenso unbestritten aber ist, dass der Sachverhalt insgesamt
lückenlos aufgeklärt werden muss - der Verdacht der
Steuerhinterziehung so gut wie das Vorgehen der betroffenen Behörden.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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