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Neues Recht gegen neue Kohlekraftwerke

Geschrieben am 12-02-2008

Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe formuliert ordnungsrechtliche
Schranken zur Abwehr neuer Kohlekraftwerke mit alter Technik - Die
ältesten Klimakiller nachrüsten oder stilllegen -
DUH-Bundesgeschäftsführer Baake: "Angstdebatte über Stromlücke
haltlos" - Im Windschatten der Genehmigung neuer Kohlekraftwerke
hoffen die Konzerne auf Laufzeitverlängerung ihrer Atomkraftwerke

Konventionelle Kohlekraftwerke dürfen in Deutschland - über die
bereits genehmigten oder im Bau befindlichen hinaus - nicht mehr
errichtet werden. Sehr alte Kohlemeiler müssen entweder bestimmte
Mindestwirkungsgrade einhalten oder aber abgeschaltet werden.
Andernfalls kann die von der Bundesregierung für 2020 angestrebte
Minderung des nationalen Kohlendioxid-Ausstoßes um 40 Prozent
gegenüber 1990 nicht erreicht werden. Darauf hat die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) in Berlin hingewiesen und zugleich einen
konkreten rechtlichen Rahmen vorgeschlagen, der künftig den Betrieb
von fossil befeuerten Kraftwerken regeln soll.

"Atomausstieg, internationale Klimaschutzverpflichtungen und eine
sichere und ausreichende Stromversorgung sind unter einen Hut zu
bringen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Allerdings
müsse dazu der "Rechtsrahmen für den Betrieb neuer und alter
Kohlekraftwerke entscheidend modernisiert werden". Dagegen würden die
Klimaziele der Bundesregierung weit verfehlt, wenn auch nur ein Teil
der 19 derzeit geplanten konventionellen Stein- und
Braunkohle-Kraftwerke errichtet und betrieben würde, warnte Baake.
Neue Großkraftwerke auf Kohlebasis seien allenfalls dann tolerierbar,
wenn diese mit so genannter Kohlendioxid-Abscheidung tatsächlich
realisiert würden und eine sichere Endlagerung des Treibhausgases in
tiefen geologischen Formationen gewährleistet wäre. Außerdem müsse
die Abwärme solcher Kraftwerke zur Bereitstellung von Industrie- oder
Raumwärme genutzt werden ("Kraft-Wärme-Kopplung", KWK). All dies sei
jedoch derzeit nicht in Sicht.

Baake wandte sich gegen den Versuch der dominierenden
Energiekonzerne, "die alte Angstdebatte über eine angeblich
bevorstehende Stromlücke neu aufzulegen." Die Parallelen zur
"Die-Lichter-gehen-aus-Kampagne" in den 70er Jahren des letzten
Jahrhunderts seien unverkennbar - und die Argumente genauso haltlos
wie damals. Zum einen hätten Kraftwerke in Deutschland im Jahr 2006
einen nie da gewesenen Stromüberschuss produziert und per Saldo rund
20 Milliarden Kilowattstunden (20 Terawattstunden,TWh) ins
europäische Ausland exportiert. Der Exportüberschuss entspreche der
Stromproduktion von vier bis fünf großen Kohleblöcken. 2007 seien
immer noch 14 TWh mehr Strom exportiert als importiert worden, obwohl
eine ganze Reihe von Atomkraftwerken praktisch ganzjährig (Biblis A
und B) oder halbjährig (Brunsbüttel, Krümmel) abgeschaltet gewesen
seien. Im vergangenen Jahr seien aus Atomenergie wegen der
Langzeitstillstände einiger Meiler nur noch 22 Prozent des in
Deutschland insgesamt produzierten Stroms erzeugt worden, ohne dass
dies zu einer Stromknappheit geführt hätte. Einen Strombeitrag von 22
Prozent würden zudem die erneuerbaren Energien schon in wenigen
Jahren erreichen (2007: gut 14 Prozent).

Viel Luft gebe es auch noch bei der Stromverschwendung. So seien
stromfressende Stand-by-Schaltungen nach wie vor nicht verboten.
Allein die klimaschädlichen und für die Kunden immer teureren
Nachtstromspeicherheizungen verbrauchten Jahr für Jahr so viel Strom,
wie fünf Atommeiler produzieren (36 TWh). Der nach dem Atomausstieg
und dem Verzicht auf weitere konventionelle Kohlekraftwerke
verbleibende Strombedarf könne aus großen und kleinen
Erdgaskraftwerken bereitgestellt werden, die ebenfalls gleichzeitig
Wärme für die Industrie und für die Raumheizung liefern müssten.
Dadurch würden bisher im Wärmebereich eingesetzte Erdgasmengen für
den Einsatz im Strombereich frei, ohne dass sich die Abhängigkeit
Deutschlands von ausländischen Gaslieferungen erhöhen würde (über 80
Prozent des Erdgaseinsatzes erfolgt derzeit im Wärmebereich).

Baake betonte unter Verweis auf aktuelle DUH-Recherchen, dass die
Energieversorger in Deutschland in 19 Fällen an ihren Neubauplänen
für konventionelle Kohlekraftwerke festhielten, obwohl die
EU-Kommission im Januar 2008 eine vollständige Versteigerung der
CO2-Zertifikate ab 2013 vorgeschlagen hat. "Das Signal aus Brüssel
und die Erwartungen des Bundesumweltministers allein reichen
offensichtlich nicht aus, die Konzerne von ihrer klimafeindlichen
Strategie abzubringen", sagte Baake. Wenn die Unternehmen mit ihrer
Kohlestrategie durchkämen, könne dies zu einem "paradoxen Ergebnis"
führen: Deutschland erzeuge dann nämlich "mit viel CO2 relativ wenig
Strom", was bei immer weniger zur Verfügung stehenden
CO2-Emissionsrechten in der EU, den Strom erst teuer und dann
tatsächlich knapp mache. "Die Folge wird sein, dass der Druck für den
Weiterbetrieb alter und störanfälliger Atomkraftwerke massiv steigt -
ganz im Sinne der Betreiber".

Um dieser Sackgasse zu entrinnen, dürfe der derzeit noch im
Bundes-Immissionsschutz-gesetz (BImSchG) verankerte Rechtsanspruch
der Stromkonzerne auf den Bau konventioneller Klimakiller-Kraftwerke
nicht unverändert in das von der Bundesregierung geplante
Umweltgesetzbuch (UGB) übernommen werden, sagte die Leiterin Recht
der Deutschen Umwelthilfe, Cornelia Nicklas.

Vielmehr sei es notwendig, die Genehmigung neuer, fossil
befeuerter Kraftwerke an zusätzliche Voraussetzungen zu binden, und
zwar an

- eine Pflicht zur Kraft-Wärme-Kopplung, um so den Verlust
von Primärenergie und damit den Ausstoß von Klimagasen
deutlich zu reduzieren;

- Mindestwirkungsgrade, die sicherstellen, dass
effiziente Gas- und Kohlekraftwerke mit einer
funktionstüchtigen CO2-Abscheidung und Lagerung zukünftig
genehmigungsfähig wären, herkömmliche Kohlekraftwerke mit
ihren hohen CO2-Emissionen jedoch nicht mehr.

Darüber hinaus müssten in Zukunft auch bestehende alte Kraftwerke
vom Brennstoff abhängige Mindestwirkungsgrade erreichen (Vorschlag
DUH: Steinkohlekraftwerke 38 Prozent; Braunkohlekraftwerke 36 Prozent
ab 2010, was dem Stand der Technik des Jahres 1970 entspricht; ab
2020 sollen diese Wert um jeweils zwei Prozent verschärft werden).

Das Umweltgesetzbuch werde seinen Zweck, das deutsche Umweltrecht
nicht nur zusammenzufassen und zu vereinfachen, sondern auch
zukunftsfähig zu machen, verfehlen, wenn es "den Klimaschutz als
zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts nicht stärker in den
Vordergrund stellt", erläuterte Nicklas. "Wenn wir unser
Energiesystem jetzt nicht unter den grundsätzlichen Vorbehalt der
Klimaverträglichkeit stellen, werden wir das in wenigen Jahren
nachholen, weil wir unsere Ziele verfehlt haben - dann wird diese
Operation sehr viel schmerzhafter sein als heute."

Hintergrundpapiere zum Download unter:

DUH_Hintergrundpapier-Klimaschutz_und_Kohle_Vorschlag_fuer_UGB.pdf
: http://www.duh.de/uploads/media/DUH_Hintergrundpapier-Klimaschutz_u
nd_Kohle_Vorschlag_fuer_UGB.pdf

DUH_-UEbersicht_geplante_Grosskraftwerke.pdf: http://www.duh.de/up
loads/media/DUH_-UEbersicht_geplante_Grosskraftwerke.pdf

Klimaschutzziele_und_Kohlekraftwerke.pdf: http://www.duh.de/upload
s/media/Klimaschutzziele_und_Kohlekraftwerke.pdf

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0151 55 01 69 43, Tel.: 030 2400867-0,
Fax: 030 2400867-19, E-Mail: baake@duh.de

Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0162 6344657, Tel.: 030 2400867-18,
Fax: 030 2400867-19, E-Mail: nicklas@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21,
Fax: 030 2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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