(Registrieren)

WAZ: Debatte um Afghanistan-Mission Deutschland ist nicht Lettland - Leitartikel von Gerd Niewerth

Geschrieben am 05-02-2008

Essen (ots) - Die Nato steckt im siebten Jahr ihrer
Afghanistan-Mission in einer prekären Situation. Obwohl mittlerweile
mehr als 40 000 Soldaten am Hindukusch stehen, ist ein erfolgreiches
Ende des umstrittenen Isaf-Einsatzes gegen die wieder erstarkten
Taliban nicht in Sicht.

Mit der viel beschworenen Harmonie im Bündnis scheint es nicht
weit her zu sein. Dies belegen die nervösen kanadischen Drohungen,
Afghanistan vorzeitig zu verlassen, sowie der Brandbrief von
Pentagon-Chef Robert Gates, der die Deutschen wegen ihrer Weigerung,
die Bundeswehr in den gefährlichen Süden zu schicken, ungewöhnlich
schroff ins Visier nimmt. Dass Wut und Frust Gates' Feder geführt
haben, bringt die Sache freilich wenig voran. Im Gegenteil: Der Brief
dürfte vielmehr zu einer weiteren Verhärtung in Berlin führen.

Dabei haben die Alliierten im Grunde Recht, wenn sie Deutschlands
krampfhaftes Verharren im relativ sicheren Norden tadeln. Auch wenn
die zivile Wiederaufbauleistung der Bundeswehr in Kundus und
Mazar-i-Sharif vorbildlich ist, läuft Berlin Gefahr, sich im Bündnis
zu isolieren. Im allerschlimmsten Fall droht sogar der Bruch der
Allianz, sollte die Afghanistan-Mission scheitern. Eine düstere
Vision, die die Bundesregierung in argen Erklärungsnotstand bringen
würde.

Was die Alliierten im Brüsseler Hauptquartier zu Recht auf die
Palme bringt, ist der merkwürdige deutsche Politikstil. Anstatt sich
aktiv einzubringen, lassen sich die risikoscheuen Deutschen lieber
bitten. Nur: Wer sich permanent ausgrenzt, braucht sich nicht zu
wundern, wenn Amerikaner und Briten, unterstützt von willigen Polen
und Balten, in zahllosen Sitzungen der Nato-Komitees den Ton angeben.
Von der größten Wirtschaftsnation Europas, der Zentralmacht des
Kontinents, muss ein selbstbewussterer Auftritt erwartet werden.
Schließlich ist Deutschland nicht Lettland.

Auf Dauer werden sich die Deutschen Kampfeinsätzen im Süden kaum
verschließen können. Solidarität im Bündnis heißt, Risiko und Lasten
gleichmäßig zu verteilen - auch wenn Menschenleben in Gefahr sind.
Schuld an der deutschen Maläse haben Regierung wie Parlament. Anstatt
den Menschen reinen Wein über den Kampfeinsatz am Hindukusch
einzuschenken, haben die Zauderer in Berlin fahrlässig lange die Mär
vom friedvollen THW-Einsatz der Bundeswehr verbreitet. Feiglinge sind
nicht die Soldaten in den Feldlagern, sondern allenfalls Politiker,
die Angst vor der Wahlniederlage haben.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

118090

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Koalition und Grüne Halle (ots) - Willkommen im Klub! Auch die Grünen wissen bündnispolitisch nicht mehr wohin und tragen ihre Differenzen nun offen aus. Nicht anders als Union, SPD oder FDP. Einzig die Linkspartei kann sich nach den jüngsten Wahlerfolgen entspannt zurücklehnen. Zehn Tage nach den Wahlen in Hessen und Niedersachsen zeigt sich immer mehr das Ende der bisherigen Gewissheiten. Der Leidensweg der Grünen dürfte aber noch dornig werden. Denn anders als die FDP, deren programmatische Vorstellungen innerparteilich kaum strittig sind, häuten sich mehr...

  • WAZ: Lernen von Amerika - Kommentar von Rolf Potthoff Essen (ots) - Die eher bescheidene Wahlbeteiligung in den vergangenen Jahren preist die Deutschen nicht unbedingt als leidenschaftliche Demokraten. Dass "Parteienverdrossenheit" zum festen Vokabular gehört, rundet das Bild ab. Das hat viele Gründe. Einer ist in der fehlenden Transparenz parteiinterner Abläufe zu finden. Wenn etwa Spitzenkandidaten von kleinen, intimen Zirkeln festgelegt werden, kann es die Lust an Politik vergällen. Nicht alles, was Amerika vormacht, ist gut; aber vieles auch nicht schlecht. Die aktuellen Vorwahlen mehr...

  • LVZ: zu: Unicef-Krise Blick nach vorn Leipzig (ots) - Von Thomas Mayer Die Unicef-Zentrale liegt in Köln. In der Hochburg des Karnevals ist heute rein brauchtumsmäßig Aschermittwoch. Noch nie in der 55 Jahre währenden Geschichte des deutschen Komitees des UN-Kinderhilfwerkes war aber die Katerstimmung auch jenseits von Kölsch, Pappnasen und Kamellen so groß wie im Februar 2008. Ist nun Unicef, ein Verein, der sich das Wohlergehen der Ärmsten der Armen auf seine blau-weiße Fahne geschrieben hat, aber wirklich ein Saustall, der ausgemistet werden muss, weil in ihm die Spendengelder mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Neuer Streit um Gubener Plastinator Scheibchenweise Cottbus (ots) - Was hat sich der umtriebige Anatom mit dem Filzhut nur dabei gedacht? Glaubt man ihm selbst, dann hat er wie so oft wieder nur auf Drängen von außen reagiert, als er in die Öffentlichkeit ging und den Verkauf von Menschenplastinaten an interessierte Privatleute in Aussicht stellte. Wenn es Unbedachtheit war, dann fällt es schwer, an die von ihm selbst immer wieder versicherte hohe ethische Verantwortung zu glauben. Konservierte menschliche Leichenteile für Jedermann, das ist kein Thema, das man mal ebenso heraushaut. Doch mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Sanktionen gegen Arbeitslose Mehr Stellen statt Strafen Cottbus (ots) - Eigentlich müsste man annehmen, dass Strafmaßnahmen gegen arbeitsunwillige Erwerbslose dort am meisten praktiziert werden, wo sie überproportional anzutreffen sind. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Im Osten ist die Arbeitslosenquote mehr als doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern, aber bei der Sanktionsquote liegen die Westländer vorn. Daraus spricht zunächst einmal die schlichte Tatsache, dass es weniger an Arbeitswilligkeit mangelt, wohl aber an freien Arbeitsstellen. Und wer schon Aussicht auf einen der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht