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WAZ: Koch und die Ausländer - Kluge Politik ist etwas anderes - Leitartikel von Angela Gareis

Geschrieben am 28-12-2007

Essen (ots) - Roland Kochs Analyse kennzeichnet eine bestechende
Schlichtheit. "Wir haben zu viele junge kriminelle Ausländer." Das
stimmt. Doch wer sich von populistischen Wahlparolen nicht verführen
lassen will, der ergänzt Kochs kleinen Teil einer Wahrheit. Wir haben
zu viele junge kriminelle Deutsche. Wir haben zu viele ausländische
und deutsche Eltern in einer Parallelwelt, deren Kinder archaisch
anmutenden Wertvorstellungen, geistiger Armut und Perspektivlosigkeit
ausgeliefert sind. Wir haben zu viele Verantwortliche in Politik und
Wirtschaft, die das kaum interessiert, weil sie in ihrer
privilegierten Welt sehr schön zurechtkommen.

Die Parallelwelt am Rand der Gesellschaft lädt selten zum
Hinschauen ein, eigentlich nur, wenn sie Entsetzen erregende
Schlagzeilen produziert. Wenn - vorwiegend deutsche - Eltern ihre
Kinder zu Tode quälen, ersticken oder verhungern lassen, breiten sich
Fassungslosigkeit und tiefes Mitleid mit den Opfern aus. Wenn -
zunehmend ausländische - Jugendliche kriminell werden, dann mischt
sich leicht Wut in die Gefühle.

Als die gewaltbereiten - vorwiegend ausländischen - Schüler der
Berliner Rütli-Schule bundesweit Aufsehen erregten, schwankte die
öffentliche Beurteilung der Jugendlichen zwischen Opfern und Tätern.
Im Gespräch verwandelten sich die jungen Gangster, die sich mit dem
Stolz der Straße selbst so nannten, in ängstliche Kinder, die vor
allem eine Sicherheit kannten: Sie würden nie dazugehören, nie dem
engen Leben entfliehen, das großteils die Eltern ihnen als Erbe
aufzwingen.

Den Rütli-Schülern wurde Hilfe angeboten. Sehr viele Schüler in
Deutschland aber peinigen einander und ihre Lehrer unterhalb der
öffentlichen Wahrnehmungsschwelle. Sie ziehen ebenso wenig
Aufmerksamkeit auf sich wie die Kinder, die ihre brutalen oder
gefährlich gleichgültigen Eltern überleben. Die Schicksale vieler
Opfer von Verwahrlosung werden oft erst aufgerollt, wenn sie als
Täter vor Gericht stehen. Um Roland Kochs bescheidenen Teil der
Wahrheit weiter zu ergänzen: Wir haben in Deutschland immer weniger
Kinder und zugleich immer mehr Kinder, die in allen
Erscheinungsformen der Armut aufwachsen; deutsche und ausländische
Kinder, die allesamt nicht kriminell zur Welt gekommen sind. Kluge
Politik kämpft nicht mit härteren Strafen gegen die Folgen von
Bildungsmangel und Hoffnungslosigkeit, um Wähler zu gewinnen, sondern
setzt mit Hilfe bei den Ursachen an, um die Gesellschaft insgesamt zu
schützen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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