(Registrieren)

Wie zurück? Kommentar von Friedrich Roeingh zur Coronakrise

Geschrieben am 27-03-2020

Mainz (ots) - Nein, wir haben noch keinen Beleg dafür, dass die einschneidenden Maßnahmen die Verbreitung des Coronavirus abgeflacht haben. Ja, die Bewährungsprobe steht uns erst noch bevor, wenn auch in Deutschland die medizinische Infrastruktur an ihre Grenzen stoßen sollte. Und doch müssen wir schon jetzt damit beginnen, uns Gedanken über den Weg zurück zu machen. Das Primat der Gesundheit war notwendig, um so etwas Unvorstellbares wie den aktuellen Shutdown durchzusetzen. Notwendig, um die Einsicht der ganzen Gesellschaft darin zu erreichen, was auf dem Spiel steht. Die Unwirklichkeit dieses Shutdowns hat aber auch das Verständnis dafür geweckt, was neben unserer Gesundheit noch auf dem Spiel steht. Die Wirtschaft, unsere Arbeit, unser soziales Leben, die Psyche jedes Einzelnen. Pandemien sind Ereignisse, die um den Erdball kreisen. Und die Corona-Pandemie wird bis zur Entwicklung eines Impfstoffes weltweit immer wieder neu aufflammen. Das ist kein Grund, in Fatalismus zu verfallen - so schwer die Opfer auch sein mögen. Es ist erst recht ein Grund zu erkennen, dass wir uns nicht allein auf die Bekämpfung der Pandemie konzentrieren dürfen. Denn die Corona-Moral - Geld oder Leben - verkürzt die Debatte auf gefährliche Weise. Wenn die Folgen des jetzigen Stillstands allein in Deutschland im Laufe von drei Monaten 500 Milliarden Euro verschlingen werden, wird klar, dass wir diesen Zustand nicht ein oder gar eineinhalb Jahre aufrecht erhalten können. Zumal der Niedergang der Wirtschaft nicht nur Erwerbs-Existenzen vernichtet. Er würde Stück für Stück unsere sozialen Verbindungen auffressen. Er würde unsere Bildungsziele gefährden. Und er würde ebenso Menschenleben kosten wie das Virus selbst: Die Leben psychisch labiler Menschen. Die Leben armer Menschen - im Süden Europas stärker als im Norden. Im Besonderen in vielen Schwellenländern, in denen schon eine normale Rezession für die Ärmsten der Armen ein Todesurteil sein kann. Wer sich diese Folgen vor Augen führt, versteht, dass wir eine Exit-Strategie entwickeln müssen - auch wenn noch keine Impfung gegen das Coronavirus in Sicht ist. An diese Exit-Strategie müssen wir uns genauso ernsthaft heranmachen, wie wir uns an die Beschränkungen unserer Freiheit heranmachen mussten. Die schrittweise Wiederaufnahme des Bildungsbetriebs in Kitas, Schulen und Universitäten hat Vorrang vor Volksfesten und Jahrmärkten. Das Hochfahren der industriellen Produktion hat Vorrang vor der Rückkehr der Spaßkultur. Die Eröffnung von Restaurants, Kulturzentren und Sportstätten - vielleicht mit halber Besetzung - haben Vorrang vor der Wiederaufnahme von Kreuzfahrten. Und die Risikogruppen der Hochbetagten und Vorerkrankten werden sich länger auf den Rückzug in die schützende Isolation begeben müssen als die Jüngeren, die dafür noch lange Zeit das Abstandsgebot verfolgen müssen. Das Verständnis für eine solche schrittweise Rückkehr noch bevor die gesundheitliche Krise ausgestanden ist, ist bei den Bürgern ausgeprägter als die Debatte darüber. Was nicht heißt, dass es ein Patentrezept gäbe. Wer jetzt politische Verantwortung trägt, trägt die Last der Welt auf seinen Schultern. Die Politik muss nun dringend nicht mehr nur den Austausch mit den besten Virologen suchen. Sie muss sich über den Weg zurück auch mit den besten Experten anderer Disziplinen austauschen - der Wirtschaft, der Bildung, der Soziologie und des Rechts. Es geht jetzt um fast alles.

Pressekontakt:

Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
Telefon: 06131/485946
desk-zentral@vrm.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/65597/4558686
OTS: Allgemeine Zeitung Mainz

Original-Content von: Allgemeine Zeitung Mainz, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

726926

weitere Artikel:
  • Kommentar: Auf Schutzmasken und Tests kommt es an Düsseldorf (ots) - Die nächsten beiden Wochen könnten entscheidend sein in der Frage, wie unser Gesundheitssystem die Corona-Krise bewältigt. Bestenfalls gelingt es, die Kurve der Ansteckungen so weit abzuflachen, dass die Kapazitäten in den Krankenhäusern ausreichen, um die schwer Erkrankten zu behandeln. Die Kliniken arbeiten zurzeit hart daran, die Zahl ihrer Betten und der Beatmungsplätze auf den Intensivstationen aufzustocken. Angesichts stark steigender Patientenzahlen stellen sie sich in den nächsten Tagen auf eine Vielzahl neuer Patienten mehr...

  • Kommentar: Zwei Jahre Zeit verschwendet Düsseldorf (ots) - Zwei Jahre hat die Rentenkommission der Bundesregierung benötigt, um einen gut hundert Seiten langen Bericht zu verfassen, der im Wesentlichen längst Bekanntes und kaum Festlegungen enthält. Das ist ein ungenügendes und enttäuschendes Ergebnis. Der Kommission ist es in der großzügig bemessenen Zeit nicht gelungen, drängende Fragen zu beantworten. So sind zwei Jahre Zeit vergeudet worden. Allerdings entspricht dies auch der Situation in der Politik: Die große Koalition hatte ihren Rentenstreit schlicht in die Rentenkommission mehr...

  • Schluss mit Spuk um Geisterhäuser / Kommentar von Thomas Schubert zu leer stehenden Häusern Berlin (ots) - Kurzform: 21 leer stehende Mietshäuser verrotten nach Senatsangaben in den Bezirken. Einstürzende Gründerzeitbauten in einer Stadt, deren Regierung Mieten deckeln oder gar Immobilien enteignen möchte, sind den Bürgern aber kaum zu vermitteln. Dazu passt, dass Eigentümern von Geisterhäusern jetzt erstmals schmerzhafte Bußgelder drohen - schlimmstenfalls eine halbe Million Euro werden von nun an fällig. Nicht nur Pankow hat das Problem erkannt, sondern auch das Abgeordnetenhaus. Zu lange haben die Verantwortlichen mit stumpfen Klingen mehr...

  • Kommentar zu Corona und Kirche Stuttgart (ots) - Selbst wenn wenigstens die Kirchenbauten als solche offen bleiben, so ist doch eklatant sichtbar, dass der aktuelle Umgang mit der Corona-Pandemie genau das Gegenteil von dem ist, was Kirche sein und leisten soll. Sie, die Menschen zur Gemeinschaft zusammenführen will, atomisiert sich genauso wie der Rest der Gesellschaft. Jedes "Mehr" ist verschwunden. Hauskirchen bilden, die Familie als eine solche zu etablieren, war zu Zeiten von Papst Johannes Paul II. ein Lieblingsmotto der Mission nach innen. Heute kehrt das Projekt von mehr...

  • Corona-Antikörpertests können kommende Woche beginnen Bielefeld (ots) - In Deutschland sind die ersten Labore nach eigenen Angaben in der Lage, Antikörpertests auf durchgemachte Coronavirusinfektionen durchzuführen. Der Lübecker Labordiagnistika-Hersteller Euroimmun hat ein Nachweissystem zur Verfügung gestellt, das nach seinen Angaben auf eine länger bestehende oder überstandene Infektion hinweist. Das Großlabor Krone in Bad Salzuflen (NRW), das mit derzeit bis zu 2500 Corona-Abstrichanalysen pro Tag eines der größten Labore in Deutschland ist, will damit am Montag die ersten Antikörpertests durchführen. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht