(Registrieren)

Paradies für Kriminelle / Leitartikel von Jens Anker zum Kampf gegen Geldwäsche

Geschrieben am 19-01-2020

Berlin (ots) - Deutschland gilt als Paradies für Geldwäscher. Nur in wenigen
anderen Ländern gibt es eine laschere Kontrolle der Finanzströme. Hier lassen
sich locker illegale Geschäfte unbemerkt abwickeln und schmutziges Geld in
sauberes umwandeln. In Zeiten der Null-Zins-Politik hat dieses Treiben noch
einmal an Fahrt aufgenommen. Der Anlagedruck der Täter trägt auch seinen Anteil
am boomenden Immobiliengeschäft, das vor allem in den Metropolregionen blüht.
Auch in Berlin. Der Kampf gegen Geldwäsche gilt dabei als wichtiger Hebel bei
der Aufklärung Organisierter Kriminalität.

Nachdem die Bundesregierung diesem Phänomen lange relativ tatenlos
gegenüberstand, haben sich die Initiativen, die Geldwäsche bekämpfen sollen, in
den letzten Jahren verstärkt. Erst seit 1992 ist die Geldwäsche als eigener
Straftatbestand im deutschen Strafrecht verankert. In den Folgejahren wurde das
Gesetz immer wieder verschärft. So müssen seit 2011 Bankeinzahlungen von 15.000
Euro oder mehr dokumentiert werden.

Zuletzt erregte Berlin nationales Aufsehen, als es dank neuer Möglichkeiten 77
Immobilien beschlagnahmte, die von einem kriminellen Clan als Geldwäscheobjekte
benutzt worden sein sollen. Trotz dieser Verbesserungen fehlt ein
systematisches Vorgehen gegen große, zunehmend international operierende
Geldwäscheorganisationen bis heute.

Dabei würden sich weitere Anstrengungen durchaus lohnen. Nach einer Hochrechnung
der Universität Halle-Wittenberg beträgt das Geldwäschevolumen allein in
Deutschland 100 Milliarden Euro pro Jahr, Ermittler gehen von einem riesigen
Dunkelfeld aus und Wirtschaftswissenschaftler sehen Wachstumsrisiken in Ländern,
in denen massiv illegale Geldwäsche betrieben wird.

Seit diesem Jahr gilt nun eine weitere Verschärfung. Makler und Notare sollen
stärker in die Pflicht genommen werden, um das illegale Reinwaschen von
schmutzigem Geld zu bekämpfen. Deswegen soll die Schweigepflicht für sie
gelockert werden. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn an allen
Immobiliengeschäften im Land sind Notare beteiligt. Hier befindet sich ein
Nadelöhr, durch das die Ermittlungsbehörden angreifen können.

Doch der Teufel steckt dabei wie so oft im Detail. Denn die Pflicht, einen
Verdacht zu melden, steht der Schweigepflicht der Notare entgegen. Noch ist
nicht klar, was genau die Makler und Notare im Umgang mit ihren Kunden beachten
sollen und wann das öffentliche Interesse an Aufklärung über der
Schweigeverpflichtung der Notare steht. Obwohl das Gesetz seit dem 1. Januar
gilt, ist dieses Vakuum noch nicht gefüllt. Die Notare sitzen in der Zwickmühle
und fühlen sich zu Unrecht in den Verdacht gerückt, sie würden Geldwäsche
Vorschub leisten. Wie sich dieser Zwiespalt auflösen lässt, ist nicht absehbar.

Kritiker entgegnen nun, die Maßnahmen seien ohnehin nur Beruhigungspillen für
die Öffentlichkeit, da das internationale Finanzwesen längst entfesselt im
digitalen Raum stattfindet und sich dort ungehemmt in immer wahnwitzigere
Regionen bewegt. Aber so einfach ist es nicht. Denn die Nadelstiche vor Ort
zeigen Wirkung. Die Ermittler stellen in Berlin eine zunehmende Unruhe bei
kriminellen Clans fest, die sich immer stärker im Fokus von Polizei und
Staatsanwaltschaft sehen.

Längst ist nicht alles gut, aber der eingeschlagene Weg ist der richtige, wie
die Erfolge in Berlin und anderswo zeigen. Genauso richtig ist aber, dass der
Gesetzgeber beim Kampf gegen Geldwäsche ein weit höheres Tempo vorlegen sollte.
Alle paar Jahre eine neue Gesetzesverschärfung reicht nicht aus, um in Zeiten
entfesselten Geldes kriminellen Strukturen entschlossen entgegen zu treten.

Pressekontakt:

BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/53614/4496218
OTS: BERLINER MORGENPOST

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

718114

weitere Artikel:
  • Kommentar zu Libyen-Gipfel Stuttgart (ots) - Es ist gelungen, was noch vor Kurzem unmöglich schien: Die Staaten im Hintergrund des Bürgerkriegs wollen nicht nur das durchlöcherte Waffenembargo für das nordafrikanische Land zu neuem Leben erwecken. Sie haben das Bekenntnis abgelegt, sich aus dem Stellvertreterkrieg zurückzuziehen und einen Friedensprozess der verfeindeten Lager zu unterstützen. Merkel und Maas haben mit den vereinbarten Folgetreffen auch vorgesorgt, dass sich der neue Optimismus nicht nur als Strohfeuer der Diplomatie entpuppt. Ganz ausschließen mehr...

  • SPD und Grüne fordern Programm gegen Tierversuche in NRW Düsseldorf (ots) - Die Opposition im Landtag verlangt von der Landesregierung ein entschiedeneres Vorgehen gegen Tierversuche in NRW. "Wir halten es für machbar, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre die Anzahl der Tierversuche mindestens halbiert wird", sagte der Tierschutzbeauftragte der Grünen im Landtag, Norwich Rüße, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Sein SPD-Kollege André Stinka sagte der gleichen Zeitung: "Tierversuche zu verringern und alternative Methoden voranzutreiben, ist das Gebot der Stunde. Die jetzige Landesregierung mehr...

  • Nouripour: Bundesregierung muss viel häufiger Friedensinitiative für Krisen-Länder ergreifen Düsseldorf (ots) - Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour sieht Deutschland nach dem Libyen-Gipfel im Kanzleramt in der Pflicht, künftig viel häufiger die Initiative für die Lösung internationaler Konflikte zu ergreifen. Es sei allein schon ein Erfolg der Bundesregierung, dass am Sonntag so viele internationale Hauptakteure angereist seien, um über Voraussetzungen für die Friedenssicherung in dem Bürgerkriegsland zu verhandeln, sagte Nouripour der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). Es zeige aber auch, dass Deutschland in den mehr...

  • AfD will CDU-Bürgermeisterkandidaten in Stichwahlen unterstützen Düsseldorf (ots) - Der Vorsitzende der NRW-AfD, Rüdiger Lucassen, will in der Kommunalwahl im kommenden Herbst CDU-Kandidaten unterstützen, sollte es zu einer Stichwahl ohne die Beteiligung seiner Partei kommen. "Es liegt auf der Hand, dass wir bei einer Stichwahl eher die Kandidaten der CDU unterstützen. Wir setzen auf bürgerliche Kandidaten", sagte der AfD-Politiker der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag) am Rande des Parteitags in Marl. Die Landes-CDU wies das Angebot zurück. "Wir erwarten keine Unterstützung der AfD, und wir mehr...

  • Widerstand gegen Datteln 4 reicht über Deutschland hinaus Düsseldorf (ots) - Die geplanten Umweltproteste am Standort des Steinkohlekraftwerks in Datteln reichen weit über Deutschland hinaus. "Mit der Entscheidung zu Datteln 4 provoziert die Bundesregierung kaltschnäuzig all die Menschen, die endlich entschlossene Schritte gegen die Klimakrise fordern", sagte Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser der Düsseldorfer Rheinischen Post (Montag). Es sei völlig offensichtlich, dass dieses Kraftwerk jetzt zum Brennpunkt der Klimabewegung werde. "Dabei reicht der Widerstand gegen ein weiteres Kohlekraftwerk mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht