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BERLINER MORGENPOST: Inlandspresse / Berliner Morgenpost / Trumps Treffen mit Kim

Geschrieben am 30-06-2019

Berlin (ots) - Trumps Abstecher atmet den Geist leiser
Verzweiflung. In Umkehrung der Kräfteverhältnisse stellte Kim seinem
Brieffreund Trump ein Ultimatum. Washington muss seinen
Friss-oder-stirb-Verhandlungsansatz aufgeben. Andernfalls setzt es
"unerwünschte Konsequenzen". Was nichts anderes bedeuten würde als
erneute Tests von Atomwaffen und ballistischen Raketen, deren Radius
bis Amerika reicht. In diese Sackgasse will Trump nicht ein zweites
Mal laufen. Er benötigt dringend einen nachhaltigen außenpolitischen
Erfolg. Darum mehren sich die Anzeichen, dass der Präsident von
seiner bisherigen Maximalforderung Abschied nimmt. Wie der jetzt
vereinbarte neue Verhandlungsprozess hier einen tragfähigen
Kompromiss erzeugen soll, ist mit Fragezeichen versehen. Auf US-Seite
haben die Top-Leute bisher selten mit einer Zunge gesprochen.
Achterbahn-Diplomatie kann sich Donald Trump nach dem historischen
Handschlag von Panmunjom aber nicht mehr leisten.

DER VOLLSTÄNDIGE LEITARTIKEL

Grenzüberschreitungen gehören zu den leichtesten Übungen im
Repertoire Donald Trumps. Er hat mit diplomatischen Konventionen
nichts am Hut und vor historisch kontaminierten Schauplätzen wenig
Ehrfurcht. Solange für seine leicht zu beeindruckenden Stammwähler
daheim fernsehkompatibel Weltgeschichte geschrieben werden kann,
betritt Amerikas Präsident gerne unorthodox Neuland. Sein
inszenierter Handschlag an der letzten Nahtstelle des Kalten Krieges
zwischen Süd- und Nordkorea mit Kim Jong-un ist jedoch der mit
Abstand gewagteste Polit-Stunt des 73-Jährigen. Anders als seine
Vorgänger betrat Trump in der demilitarisierten Zone von Panmunjom
erstmals nordkoreanischen Boden. Er hat damit inoffiziell ein Land
anerkannt, mit dem die USA seit über 65 Jahren de facto in einer
stillgelegten Kriegsbeziehung leben. Es gibt einen Waffenstillstand,
aber keinen Friedensvertrag. Für Kim Jong-un bedeutet der Akt einen
Propaganda-Erfolg von hohem Wert. Ein Diktator, der Gegner hinrichten
lässt und sein Volk mit stalinistischen Methoden unterjocht, darf
sich auf Augenhöhe mit den Großen der Weltpolitik fühlen. Warum das
alles? Trumps in Wahrheit gar nicht so spontaner Abstecher auf die
koreanische Halbinsel (er redete bereits seit Tagen davon,
Journalisten waren aber zu Stillschweigen verpflichtet worden) atmet
bei näherer Betrachtung den Geist leiser Verzweiflung. Nach zwei
ertragsarmen Gipfeltreffen mit Kim in Singapur und Hanoi war nicht
nur Stillstand an der Verhandlungsfront eingezogen. Kim Jong-un hat
nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes CIA die Arbeit am atomaren
Waffen- und Raketenprogramm unverändert fortgesetzt und sich mit
Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping
solide diplomatische Stützräder gesichert. Mehr noch: In Umkehrung
der Kräfteverhältnisse stellte Kim seinem Brieffreund Trump ein
Ultimatum. Tenor: Bis Ende dieses Jahres muss Washington seinen
Friss-oder-stirb-Verhandlungsansatz bei der "vollständigen und
irreversiblen Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel" aufgeben.
Andernfalls setzt es "unerwünschte Konsequenzen". Was nichts anderes
bedeuten würde als erneute Tests von Atomwaffen und ballistischen
Raketen, deren Radius bis Amerika reicht. Der Beginn einer neuen
Eskalation, in der Trump wie 2017 Pjöngjangs "kleinem Raketenmann"
erneut mit "Feuer und Zorn" droht, wäre die wahrscheinliche Folge. In
diese Sackgasse will Trump nicht ein zweites Mal laufen. Er benötigt
mit Blick auf die Wahl 2020 dringend einen nachhaltigen
außenpolitischen Erfolg. Darum mehren sich die Anzeichen, dass der
Präsident von seiner bisherigen Maximalforderung Abschied nimmt. Sie
besagt, dass Kim Jong-un als Vorleistung sein Atomwaffen- und
Raketenprogramm rückstandslos aufgeben muss. Erst danach würden die
USA die Sanktionen lockern und dem bitterarmen Nordkorea den Weg in
eine prosperierende Zukunft öffnen. Kim Jong-un dagegen verlangt
Zugeständnisse Washingtons und bietet im Gegenzug die Demontage
einzelner Komponenten seines Abschreckungsapparats an. Wie der jetzt
vereinbarte neue Verhandlungsprozess hier einen tragfähigen
Kompromiss erzeugen soll, ist vor allem aus einem Grund mit
Fragezeichen versehen. Auf US-Seite haben die Top-Leute (Präsident,
Außenminister, Sicherheitsberater etc.) bisher selten mit einer Zunge
gesprochen. Achterbahn-Diplomatie, die am Ende nur Verwirrung
stiftet, kann sich Donald Trump nach dem historischen Handschlag von
Panmunjom aber nicht mehr leisten.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/8872-77888
wolfgang.merkel@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


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