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BERLINER MORGENPOST: Tut es! Endlich. / Leitartikel von Jürgen Polzin zur Klimapolitik

Geschrieben am 08-10-2018

Berlin (ots) - Kurzform: Auf dem Weg in eine neue Zeit können
diese Aufgaben nur gemeinsam gemeistert werden. Das Ansinnen des
Energiekonzerns RWE, den Hambacher Forst zu roden, um die Braunkohle
und den klimaschädlichsten Energieträger weiter zu verbrennen, mag
legal sein. Doch ist es angesichts des neuen Klimareports legitim,
Konzerninteressen auf Kosten des Allgemeinwohls durchzusetzen? Kasse
zu machen zulasten kommender Generationen, die alles ausbaden müssen,
weil die Politik Jahr für Jahr aufschob, was nun unumgänglich ist:
der Ausstieg aus der Kohleverstromung?

Der vollständige Leitartikel: Am Abend des 9. Dezember 2011
trat die 21-jährige Studentin Anjali Appadurai auf dem UN-Klimagipfel
in Durban in Südafrika an das Mikrofon und sprach zu den Delegierten.
Die Verhandlungen stockten wieder einmal, eine Einigung am letzten
Tag schien fraglich, denn wie so oft stritt man sich ums Geld. Was
die junge Frau als Vertreterin der Weltjugend dann sagte, veränderte
nicht den Lauf der Welt, aber es drückte aus, was ihre Generation
fühlte: Nicht angehört zu werden. Anjali Appadurai sagte: "Ihr habt
uns einen Sitzplatz in dieser Halle zugestanden, aber unsere
Interessen liegen nicht auf dem Tisch. Mein ganzes Leben verhandelt
ihr schon. In dieser Zeit habt ihr Ziele verfehlt und Versprechen
gebrochen. Radikal sind nicht wir. Radikal seid ihr, die ihr uns um
unsere Zukunft betrügt." Gestern beschrieb ein Bericht des
Weltklimarats IPCC, was die Generation von Anjali Appadurai erwartet,
wenn sie in einer wärmeren Welt aufwächst. In einem Klimasystem, das
aus den Fugen geraten ist, egal ob der Anstieg der Temperatur
1,5 Grad oder zwei Grad beträgt. Eine Welt, in der es kleine
Inselstaaten, die heute nur knapp über dem Meeresspiegel liegen,
nicht mehr geben wird. Eine Welt, die möglicherweise keine
Warmwasserkorallen mehr kennt, dafür aber Menschenkarawanen, die vor
ihrer Umwelt flüchten. Eine Welt, in der Verhandlungen zu spät
kommen. Das Beängstigende an diesem Bericht sind nicht die Szenarien,
was passieren könnte, wenn die Erderwärmung auf über 1,5 Grad steigt.
Erschreckend ist, dass Klimaforscher weltweit in all den
zurückliegenden Jahren immer präziser herausgearbeitet haben, welche
Rolle der Mensch bei der globalen Erwärmung spielt - und die
Menschheit weitermacht wie bisher. Seit 1995 gibt es diese
Klimakonferenzen. Doch bis heute klafft diese Lücke zwischen Wissen
und Handeln: Statt den Empfehlungen der Wissenschaft zu folgen,
beschreitet die Staatengemeinschaft weiter einen Weg des
Wirtschaftens, der die Erde immer weiter aufheizt. Der Bericht des
Klimarats, und das ist die gute Nachricht, zeigt eine Lösung auf,
auch wenn diese nur mit immensen Anstrengungen zu erreichen ist.
Energiesysteme weltweit müssen rasch umgebaut werden - weg von
fossilen Energien, hin zu den erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind
oder Biomasse. Gebäude weltweit müssen energetisch saniert werden.
Städte müssen sich neu erfinden, ihren Energieverbrauch eindämmen und
alternative Konzepte entwickeln, um Menschen und Waren durch die
Straßen zu transportieren. Mit neuen Baustoffen werden diese Städte
errichtet, denn bei der Herstellung von Zement entstehen
klimaschädliche Emissionen. Diese Vision von der großen
Transformation ist nicht neu. Neu ist: Wir haben kaum noch Zeit, um
den Sinkflug bei den Emissionen einzuleiten. Auf dem Weg in eine neue
Zeit können diese Aufgaben nur gemeinsam gemeistert werden. Das
Ansinnen des Energiekonzerns RWE, den Hambacher Forst zu roden, um
die Braunkohle und den klimaschädlichsten Energieträger weiter zu
verbrennen, mag legal sein. Doch ist es angesichts des neuen
Klimareports legitim, Konzerninteressen auf Kosten des Allgemeinwohls
durchzusetzen? Kasse zu machen zulasten kommender Generationen, die
alles ausbaden müssen, weil die Politik Jahr für Jahr aufschob, was
nun unumgänglich ist: der Ausstieg aus der Kohleverstromung? "Get it
done", sagte Anjali Appadurai am Ende ihrer Rede zu den
Klimapolitikern. Tut es! Endlich.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


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