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Allg. Zeitung Mainz: Brachial / Kommentar von Friedrich Roeingh zum Ende der Regierungskrise

Geschrieben am 06-07-2018

Mainz (ots) - Preisfrage: Wie bringt man möglichst viele Bürger
gegen die Politik auf? Ganz einfach. Indem man eine Regierungskrise
vom Zaun bricht. Indem man ein Ultimatum nach dem anderen ausruft.
Indem man für Probleme, die sich nur europäisch lösen lassen,
nationalen Lösungen das Wort redet. Und indem man mit persönlichen
Attacken, die jeden Anstand vermissen lassen, die Würde der
Bundeskanzlerin beschädigt. "Ist doch was bei raus gekommen, Europa
bewegt sich endlich", sagen die Brachialpragmatiker. Das ist schlicht
falsch. Europa hatte längst vor dem jüngsten EU-Gipfel damit
begonnen, sich abzuschotten. Die Grenzschutzagentur Frontex arbeitet
auf das Engste mit den Machthabern in Libyen zusammen, um Flüchtlinge
an der Überfahrt nach Europa zu hindern. Und die Deutsche
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Eschborn versorgt
afrikanische Despoten mit Millionenspritzen und modernster
Überwachungstechnik, um die Flüchtlingsrouten innerhalb Afrikas zu
kappen. Entwicklungshilfe nennt man das zynisch. Wahr ist, dass
Angela Merkel es bewusst versäumt hat, diese 180-Grad-Wende ihrer
Flüchtlingspolitik zu erklären. So gesehen ist die Bundeskanzlerin
selbst auch nicht ganz unschuldig an dem Drama, dessen Zeugen wir in
den vergangenen drei Wochen geworden sind. Und die Transitzentren,
die Horst Seehofer uns als den großen Coup verkaufen wollte? Ganze
drei bayerische Grenzübergänge sollen stärker kontrolliert werden.
Man rechnet mit zwei bis fünf Fällen täglich. 48 Stunden dürfen
Flüchtlinge dann in bereits bestehenden Polizeistationen (!) in
Gewahrsam bleiben. Eine klassische politische Mogelpackung. Wer so
holzt wie die CSU und so wenig erreicht, der bekämpft nicht
Politikverdrossenheit, der züchtet sie geradezu heran. Was sagte doch
allen Ernstes ein Regierungsmitglied der Union dazu? Die heutige
Politik bestehe halt zu 80 Prozent aus Kommunikation und nur zu 20
Prozent aus Lösung. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Mit 80 Prozent
Lösung und 20 Prozent Kommunikation macht man Demokratie und
Rechtsstaat wieder stark, macht man politische Rattenfänger wie die
AfD schwach. Und das gilt nicht nur in der Flüchtlingspolitik,
sondern auch für die brennenden Themen Bildung, Rente, Wohnen und
Digitalisierung. Und das gilt auch für die Schaffung eines
überfälligen Einwanderungsgesetzes, das CDU und CSU nach mehr als
zehnjähriger Blockade jetzt endlich möglich machen wollen. Übrigens
das einzig nennenswerte Ergebnis dieses traurigen Kasperletheaters.



Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Werner Wenzel
Leiter Newspool
06131-485980
online@vrm.de

Original-Content von: Allgemeine Zeitung Mainz, übermittelt durch news aktuell


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