(Registrieren)

junge Welt: Russland, zum dritten. Kommentar von Sebastian Carlens zur Aufrüstung des Bundeswehr-Reservistenverbandes

Geschrieben am 16-05-2018

Berlin (ots) - Deutschlands Armee ist kein Relikt des Kalten
Krieges. Ganz im Gegenteil, zu hoher Form ist die Bundeswehr erst
nach Ende der Blockkonfrontation aufgelaufen, nachdem sich der
deutsche Imperialismus wieder freigeschwommen hatte. Echte Kriege,
echte Tote. Doch seien wir ehrlich: Diese »humanitären
Interventionen«, die mit überlegener Waffengewalt vom Himmel über
ferne Länder und ihre Bevölkerung hereinbrechen, sind noch immer
nicht das, wofür es ein stehendes Heer mit 180.000 Soldaten, weit
über 100.000 Reservisten, eine breit aufgestellte Panzerwaffe und die
Fähigkeit zum uneingeschränkten U-Boot-Krieg braucht. Die gibt es für
etwas anderes, nämlich den Fall der Fälle.

Der letzte dieser Art, der »Fall Barbarossa«, endete 1945 in einer
totalen Niederlage. Seitdem wird für die Revanche trainiert. »Auch
wegen der Spannungen mit Russland« will Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen (CDU) den Reservistenverband der Bundeswehr
stärken. Dieser Verband ist die bundesdeutsche Stay-behind-Armee. In
ihm sind ehemalige Soldaten wie militariabegeisterte Ungediente
organisiert. Erst im Rahmen eines Territorialkrieges wird er
interessant: Zur Auffrischung der Infanterie, für militärische
Sicherungs- und Besatzungsaufgaben. Niemand braucht Reservisten, um
in Mali einzudringen oder Afghanistan zu terrorisieren. Doch wenn es
wieder gegen Russland geht, ist das Verteidigungsministerium bereit,
Lehren aus dem Fortgang des historischen »Falles Barbarossa«, des
Überfalls auf die Sowjetunion 1941, zu ziehen. Für die endlosen,
russischen Weiten braucht man Personal.

»Spätestens seit der Annexion der Krim 2014« wisse man, dass sich
die Bundeswehr wieder stärker »auf Landes- und Bündnisverteidigung
konzentrieren« müsse, findet die Ministerin. Das mit der Verteidigung
ist so zu verstehen wie der Titel von der Leyens. Ein Amt, das noch
nie die Armee zur Verteidigung des eigenen Landes eingesetzt hat,
dafür aber in etliche andere eingefallen ist, heißt deshalb
»Verteidigungsministerium«, damit es niemand Kriegsministerium nennt.

Und das für von der Leyen in Frage kommende Bündnis ist natürlich
die NATO. Genau: Die, die mittlerweile bis an die Haustür Russlands
herangerückt ist, das ganze Land mit Basen umzingelt hält und im
Baltikum seit Jahren den »Ernstfall« probt. Die Mär, nach der es
dennoch »der Russe« sei, von dem eine Gefahr für Europa ausgehe,
gehört zum ideologischen Überbau der BRD. So wie die Geschichte von
der »Stunde Null«. Oder die vom »Wirtschaftswunder«.

Nach dem Scheitern zweier Versuche, Russland zu unterwerfen,
spricht wenig für ein Gelingen eines dritten Anlaufs. Doch wären zu
geringe Siegesaussichten für den Imperialismus tatsächlich ein
hinreichender Grund, auf ein Gemetzel zu verzichten - der Menschheit
hätte es zwei Weltkriege erspart.



Pressekontakt:
junge Welt
Redaktion
Telefon: 030 / 53 63 55-0
redaktion@jungewelt.de

Original-Content von: junge Welt, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

638345

weitere Artikel:
  • Frankfurter Rundschau: Hetze im Bundestag Frankfurt (ots) - Im Ton setzte Weidel einen neuen - wohlkalkulierten - Superlativ und schwadronierte über "Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse", die "unseren Wohlstand" und den Sozialstaat nicht sichern würden. Das ist schlicht Hetze. Nicht nur Grüne und Linke reagierten heftig, sondern auch die CDU. Sie tat sich bisher schwer damit, die AfD angemessen zu behandeln. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rügte Weidel wegen ihrer Wortwahl, Fraktionschef Volker Kauder warf ihr vor, ein unchristliches mehr...

  • BERLINER MORGENPOST: Die Zukunft der Gesundheit - Kommentar von Andreas Abel Berlin (ots) - Berlin hat als Gesundheitsstandort großes Potenzial. Folgerichtig setzt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf diesen für die Stadt wichtigen Zukunftsbereich. Es ist auch zu begrüßen, dass er initiativ wird und Empfehlungen erarbeitet wissen möchte, wie man das Gesundheitscluster stärken kann. Die Berufung der Expertenkommission "Gesundheitsstadt Berlin 2030" wirft allerdings Fragen auf. In dem Konzept spielen Charité und Vivantes als große Player bei der Patientenversorgung und, im Fall des Universitätsklinikums, mehr...

  • "Demokratie ohne Demos" - Baden-württembergischer AfD-Landtagsabgeordneter und Fraktionsvize Emil Sänze MdL kritisiert Einladung von Robert Habeck zum Symposium zu Winfried Kretschmanns 70. Geburtstag Stuttgart (ots) - "Dass Ministerpräsident Kretschmann seinen 70. Geburtstag mit dem mutmaßlich steuerfinanzierten Symposium 'Demokratische Öffentlichkeit neu denken' (16. Mai 2018) verbindet, hat die AfD ja nun schon deutlich kritisiert, und unsere Fraktion boykottiert bewusst diese Steuerverschwendung", meint der stellvertretende AfD Fraktionsvorsitzende Emil Sänze. "Jetzt nimmt die Sache aber eine noch pikantere Wendung, wenn Kretschmann einen Gast einlädt, der die Demokratie selbst in Frage stellt - so er sie denn überhaupt verstanden mehr...

  • RNZ: Kommentar zum Wechsel von Sigmar Gabriel zu Siemens Heidelberg (ots) - Immerhin muss Gabriel mindestens ein Jahr warten, bevor er bei Siemens anfangen darf. Bei Skandalfällen wie Gerhard Schröder oder Eckart von Klaeden war das noch anders geregelt, nämlich gar nicht. Die Jahresfrist ist klug gewählt. Sie erschwert Wechsel von der Politik in die Wirtschaft, macht sie aber nicht unmöglich. Denn der Austausch zwischen beiden Welten ist ja durchaus gewünscht, Stichwort praxisorientierte Politik. Und schließlich muss man Politikern auch zugestehen, sich dann und wann beruflich neu zu mehr...

  • Das Erste, Donnerstag, 17. Mai 2018, 5.30 - 9.00 Uhr Gäste im ARD-Morgenmagazin Köln (ots) - 7.05 Uhr, Sahra Wagenknecht, Die Linke, Thema: Haushalt 8.05 Uhr, Gerd Müller, CSU, Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Thema: Etat     Pressekontakt: Kontakt: WDR Presse und Information, wdrpressedesk@wdr.de, Tel. 0221 220 7100  Agentur Ulrike Boldt, Tel. 02150 - 20 65 62 Original-Content von: ARD Das Erste, übermittelt durch news aktuell mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht