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Ralf Stegner: Die Pläne müssen auf den Tisch!

Geschrieben am 25-04-2018

Kiel (ots) - Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 6, 11, 12, 36, 41 und 42: Vorlagen zu größeren Abständen
zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern (Drs-Nr.: 19/638, 19/663,
19/639, 19/637, 19/666, 19/663, 19/667)

"Worte sind Luft. Aber die Luft wird zum Wind. Und der Wind macht
die Schiffe segeln." Diese Segelanleitung des ungarisch-englischen
Schriftstellers Arthur Köstler soll also das abgetakelte
schwarz-grün-gelbe Energiewendeschiff wieder flott machen, Herr
Innenminister? Und ausgerechnet Sie, lieber Herr Grote, sollen hier
heute Morgen den Windmacher spielen? Das passt doch gar nicht zu
Ihnen - und Sie haben mein Mitgefühl, Herr Innenminister, dass Sie
die Pleite erklären oder besser verklären sollen, die Sie gar nicht
angerichtet haben. Während SPD-geführte Regierungen einschl. der
Küstenkoalition Schleswig-Holstein bundesweit zu dem Energiewendeland
gemacht haben, herrscht pünktlich zum Abschied des
Energiewendeministers inzwischen im Norden bei der Windenergie
buchstäblich tote Hose. Und diese traurige Tatsache, Herr Minister
Habeck, kann keine noch so smarte PR-Strategie verkleistern.

Der Dithmarscher Landeszeitung konnte man vorgestern entnehmen,
wie Daniel Günther vor Ort in Heide die Windpläne seiner Regierung
rechtfertigte. Man habe nun einmal keine absolute Mehrheit und müsse
unter den Koalitionspartnern Kompromisse machen. Das sei der Grund,
warum die CDU ihre Wahlversprechen nicht umsetzen könne. Keine Frage:
Koalitionen bedeuten fast immer Kompromisse. Davon kann ich aus
eigener Erfahrung reichlich berichten. Wer keine absolute Mehrheit
hat, der wird seine Versprechen nicht zu 100 Prozent umsetzen können.
Dafür haben die Menschen auch Verständnis. Aber wofür sie nach meiner
Erfahrung überhaupt kein Verständnis haben, ist, wenn diese Erklärung
vorgeschoben wird von Politikerinnen und Politikern, die vor der Wahl
das Blaue vom Himmel versprechen und danach nach faulen Ausreden
suchen. Mir ist der Landtagswahlkampf noch sehr präsent. Ich erinnere
mich gut an die Treffen mit Menschen, die sich bei mir über
Windkraftanlagen beschwerten. Keine Frage: Die SPD hätte es sich
leichter machen können. Wir hätten den Menschen auf Fehmarn, in
Dithmarschen, Nordfriesland oder Rendsburg-Eckernförde größere
Abstände versprechen und gleichzeitig behaupten können, dass die
Energiewendeziele trotzdem einhaltbar wären. Wir hätten so tun
können, als wäre nicht in einem monatelangen Dialogverfahren intensiv
um Kompromisse gerungen worden. Und wir hätten behaupten können, dass
man die Pläne einfach nur über den Haufen werfen müsste, um zu einem
besseren Ergebnis zu kommen. Wir haben das nicht gemacht. Denn schon
vor einem Jahr war klar: Die gleichzeitige Einhaltung der
Energiewendeziele und die deutliche Erhöhung der Abstände sind nicht
möglich. Zumindest, solange man die Landesfläche nicht auf Kosten von
Niedersachsen vergrößern will. Lassen Sie mich darum eine Sache
klarstellen: Dass Herr Günther seine Abstandsversprechen nicht
einhalten kann, hat nichts damit zu tun, dass die CDU keine absolute
Mehrheit erreicht hat. Aber es hat sehr viel damit zu tun, dass
Schleswig-Holstein heute genauso groß ist wie vor einem Jahr. In
diesem Zusammenhang bewundere ich die schwarz-grüne Duldsamkeit der
Grünen. So stoisch muss man sich den Schwarzen Peter vom
Ministerpräsidenten erst einmal zuschieben lassen! Das scheint ja der
neue Stil der schwarzen Ampelkoalition zu werden - wie wir heute an
den Bemerkungen aus der FDP zum Thema HSH-Nordbank nachlesen können.

Die Windkraftplanung ist kein Einzelfall. "Wir bauen die A20 in
fünf Jahren fertig" - kassiert. "Wir schaffen die
Straßenausbaubeiträge ab" - war nie so gemeint. "Wir entlasten die
Familien bei den Kita-Beiträgen" - vielleicht ja unter der nächsten
Regierung. Stück für Stück versucht diese CDU auf Distanz zu den
eigenen vollmundigen Wahlkampfversprechen zu gehen. Aber lassen Sie
uns Ihre angeblich so großartige Wind-Einigung näher betrachten: Für
90 Prozent der Menschen, die sich bislang über Beeinträchtigungen
durch Windenergie beschwert haben und denen Sie Verbesserungen
versprochen haben, wird sich auch jetzt nichts ändern. Die Abstände
von Windkraftanlagen zu Splittersiedlungen bleiben mit 400 Metern
sogar die gleichen, die es schon unter der Regierung Carstensens gab.
Und der Mindestabstand der dreifachen Anlagenhöhe war längst
Bestandteil der Planungen der Küstenkoalition in der letzten
Legislatur. Es braucht keine Demonstrationen vor dem Landeshaus um zu
erkennen: Da hatten Sie etwas anderes versprochen. Es wäre traurig
genug, wenn Sie dafür nur die Arbeitszeit der Ministeriumsmitarbeiter
über Monate eingespannt hätten. Aber es ist ja nicht nur das: Mit
Ihrer Hinhaltetaktik haben Sie der Energiewende und der Windbranche
einen Bärendienst erwiesen.

Und ob Ihre Pläne rechtssicher sind, oder eine Klagewelle auf uns
zurollt - das steht in den Sternen. Sollte das passieren wäre das
geradezu eine Katastrophe für die Akzeptanz der Windenergie im
Norden. Wir warten gespannt, ob dafür dann auch der Koalitionspartner
verantwortlich gemacht werden wird.

"Alles viel besser als vorher" - das war der Tenor Ihres Berichts.
Sie sehen mich staunen. Wenn dem so ist, warum musste dann eigentlich
erst die SPD einen Berichtsantrag ankündigen, bevor die Koalition aus
dem Quark kam? In der vergangenen Tagung Ihre vornehme Zurückhaltung
bei Fehmarnbelt, jetzt bei der Windkraft - ist das nach dem
PR-Feuerwerk der ersten Monate die neue Bescheidenheit der Regierung?
Oder gibt es womöglich einen anderen Grund? Sollte es gar vorstellbar
sein, dass diese Landesregierung den Menschen erst nach dem 6. Mai
reinen Wein einschenken will? Wenige Tage nach der Kommunalwahl - auf
Ihrer Homepage hieß es bis vor kurzem "Mitte Mai", jetzt steht da
"Mitte des Jahres". Das sind wirklich kurzweilige Verrenkungsmanöver.
Aber wir lassen Ihnen das nicht durchgehen. Sie wollen nach wie vor
unmittelbar nach der Kommunalwahl die neuen Planentwürfe in die
Ressortabstimmung geben und danach im Kabinett beschließen. Dann erst
kann wirklich jeder auf den ersten Blick sehen, welche Auswirkung die
Pläne der Landesregierung in der Realität haben. Bis dahin müssen
sich die Menschen mit einer schwammigen Liste von überarbeiteten
Kriterien begnügen, die alles und nichts bedeuten können. Mag sein,
dass die Abstände an der einen oder anderen Stelle ein wenig größer
werden. Vielleicht aber auch nicht. Und vor allem mag es auch sein,
dass durch die geplanten Änderungen bei den Naturschutzkriterien
plötzlich Windkraftanlagen da möglich werden, wo es bisher eben nicht
möglich war. Was wäre das für eine Überraschung für die Menschen,
denen sie ganz anderes versprochen haben? Da hat Ihre Rede, Herr
Innenminister, keinerlei Klarheit gebracht. Erschreckend gut passt
ins Bild, dass Ihr Verfahren die muffige Luft der Hinterzimmer quasi
atmet. Nicht eine Sitzung des Landesplanungsrates, nicht ein
Fachgespräch mit Fraktionen und Verbänden, nicht eine öffentliche
Dialogveranstaltung, sondern eine eilige Krisensitzung der Koalition
haben zu diesem Magerquark-Ergebnis geführt. Und die Liste zur
Änderung des Kriterienkatalogs von der ich eben gesprochen habe, hat
der NDR übrigens seit dem 27. März online - auf den Seiten der
Landesregierung findet sie sich bis heute nicht. Die Sozialdemokraten
sind ja wirklich überzeugte Anhänger des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks. Das heißt aber nicht, dass der NDR auch noch die Arbeit
für die Landesregierung erledigen sollte. In Wirklichkeit sagt das
wohl alles über das Transparenzinteresse der Landesregierung bei
diesem Thema.

Wer zehn Monate nach der Regierungsübernahme allen Ernstes
erklärt, er könne die Pläne rein zufällig erst wenige Tage nach der
Kommunalwahl vorlegen, der versucht die Menschen für dumm zu
verkaufen. Von Michel de Montaigne stammt der Satz: "Kein Wind ist
dem günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will." Sie wissen es
nicht - oder noch schlimmer, Sie wollen das den Menschen
vorenthalten. Die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner
haben einen Anspruch darauf, vor der Kommunalwahl zu erfahren, woher
bei Ihrer Planung der Wind weht. Die Planentwürfe müssen vor dem 6.
Mai auf den Tisch!



Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)

Original-Content von: SPD-Landtagsfraktion SH, übermittelt durch news aktuell


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