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Entfesselung auf Kosten der Arbeiter*innen / NRW-Regierung streicht Menschenrechte aus dem Vergaberecht

Geschrieben am 21-03-2018

Düsseldorf (ots) - Der Landtag NRW hat die Nachweispflicht zur
Einhaltung internationaler Arbeitsrechte und Umweltstandards aus dem
Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG) NRW gestrichen. Mit der
Gesetzesänderung ist eine landesweit einheitliche Regelung, die die
öffentliche Beschaffung auch an Menschenrechten und Umweltstandards
ausrichtet, abgeschafft. Freiwillig können Kommunen und
Landesvergabestellen noch den Nachweis einfordern, dass bei der
Herstellung z.B. von Arbeitskleidung Arbeitsrechte und
Umweltstandards eingehalten wurden. Jede Kommune muss sich aber nun
eine eigene Regelung für eine nachhaltige Beschaffung erarbeiten.

NRW VERLIERT VORREITERROLLE

Aus Sicht des Bündnisses für öko-faire Beschaffung NRW, ein
Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen, hat Nordrhein-Westfalen
mit der Gesetzesänderung klar die Vorreiterrolle hinsichtlich einer
modernen, an Nachhaltigkeit orientierten öffentlichen Vergabe in
Deutschland verloren. Die Landesregierung nutzt damit nicht mehr die
Einkaufsmacht der öffentlichen Hand zur Verbesserung der
Arbeitsbedingungen bei der weltweiten Konsumgüterproduktion. Sie
rechtfertigt sich mit der Behauptung, dass mit der Ratifizierung der
ILO-Kernarbeitsnormen Deutschlands und durch die EU-Richtlinien sowie
dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der
Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) auf Bundesebene sichergestellt
sei, dass in der öffentlichen Beschaffung soziale-ökologische
Standards eingehalten werden. "Durch die Gesetzesänderung muss jedoch
nun die Einhaltung grundlegender Arbeitsrechte nicht mehr
kontrolliert werden," so Marie-Luise Lämmle von FEMNET, "zudem
betrifft die Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen Deutschlands nur
die Arbeitsbedingungen hier - aber eben nicht in den Ländern in denen
z.B. ein Großteil der Arbeitskleidung und IT Hardware produziert
wird."

WETTBEWERBSVERZERRUNG DURCH NEUE REGELUNG

Die neue gesetzliche Regelung verzerrt aus Sicht des
zivilgesellschaftlichen Bündnisses den Wettbewerb, da es die
Unternehmen benachteiligt, die in die Beachtung internationaler
Arbeits- und Menschenrechte investieren und dies durch unabhängige
Siegel- und Monitoringorganisationen nachweisen und kontrollieren
lassen.

"Arbeitsschutz in Deutschland ist auch klar gesetzlich geregelt
und nicht der Freiwilligkeit überlassen", so Jürgen Sokoll vom Eine
Welt Netz NRW. "Müssten nicht beim Einkauf von Sicherheitsschuhen,
Arbeits-bzw. Schutzkleidung für die Mitarbeiter*innen der
betrieblichen Arbeitsschutzprüfung NRW auch gleichzeitig die
geschützt werden, diese Schutzkleidung in der globalisierten
Textilindustrie herstellen?" fragt Jürgen Sokoll.

GLAUBWÜRDIGKEIT DER POLITIK UNTERWANDERT

Die neue Vergabe-Regelung unterwandert die Glaubwürdigkeit von
Politik. Sowohl die EU als auch die Bundesebene weisen der
öffentlichen Hand eine bedeutende Rolle zu, um internationale
Vereinbarungen wie z.B. die Sustainable Development Goals der
Vereinten Nationen zu erreichen.

Mit Steuergeldern dürfen nicht Arbeitsrechtsverletzungen entlang
der globalen Lieferketten geduldet werden. Die Achtung der
Menschenwürde endet nicht an der EU-Grenze und sollte durch eine
klare verbindliche gesetzliche Regelung unterstützt werden. Das
Bündnis kritisiert auch den Verweis auf die Bürokratisierung "Es ist
zynisch von der Landesregierung, die sog. Entfesselung der Wirtschaft
zu fordern und dabei oft massive Ausbeutung und die Verfolgung von
Gewerkschafter*innen in den Lieferketten hinzunehmen", sagt Christian
Wimberger von der Christlichen Initiative Romero (CIR).

HOHER BERATUNGSBEDARF BEI BESCHAFFERN UNGELÖST

Auch wenn die Landesregierung betont, dass ihr eine
sozialverantwortliche und ökologische Beschaffung wichtig sei, so
lässt das neue Vergabegesetz in NRW nicht erkennen, wie dieses Ziel
verantwortungsvoll und glaubwürdig umgesetzt werden soll. Laut einer
Kienbaum-Studie von 2015 klagen mehr als die Hälfte der
Mitarbeiter*innen in öffentlichen Beschaffungsstellen über eine
"...fehlende Bereitstellung von externen Informationen und/oder
Unterstützung zum TVgG-NRW" (Kienbaum 2015: S. 63). Durch das
geänderte Vergabegesetz, das Menschen- und Arbeitsrechte zur
freiwilligen Sache erklärt, wird dieses Unterstützungsdefizit noch
vergrößert.



Bei Rückfragen zu dieser Pressemitteilung wenden Sie sich bitte an:

Christian Wimberger
Christliche Initiative Romero (CIR)
Schillerstraße 44a | 48155 Münster
Tel: 0251 - 674413-21
wimberger@ci-romero.de

Marie-Luise Lämmle
FEMNET
Kaiser-Friedrich-Straße 11 | 53113 Bonn
Tel. 0228 - 90917308
E-Mail beschaffung@femnet-ev.de

Jürgen Sokoll
Eine Welt Netz NRW
Kasernenstraße 6 | 40213 Düsseldorf
Tel. 0211 - 6009-252
E-Mail juergen.sokoll@eine-welt-netz-nrw.de

Original-Content von: Christliche Initiative Romero, übermittelt durch news aktuell


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