(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Grüner Bundesparteitag Führungsschwäche Alexandra Jacobson, z. Z. Hamburg

Geschrieben am 21-11-2014

Bielefeld (ots) - Zu ihrem Parteitag sind die Grünen voll des
Lobes über sich selber: Nach der Bundestagswahl mit dem mickrigen
Ergebnis von 8,4 Prozent hätten sie wieder Tritt gefasst und einen
großen Schritt nach vorne gemacht. Oberflächlich betrachtet
existieren für die Grünen in der Tat Stimmungsaufheller: Fast in
allen bundesweiten Umfragen hat die Partei wieder ein zweistelliges
Niveau erreicht. Das hängt mit der guten Verankerung in Kommunen und
Bundesländern zusammen, in Thüringen stehen sie vor dem Einzug in die
achte Landesregierung. Doch trotz alledem ist von Aufbruch nichts zu
spüren. Tiefe Risse durchziehen die Partei. Dass sich die Grünen im
Wahlkampf das Image einer Verbots- und Steuererhöhungspartei
eingefangen haben, ist bis heute nicht wirklich aufgearbeitet. Realos
und Fundis liefern sich hinter den Kulissen eine Schlacht über die
Perspektive 2017: Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün lauten die
Alternativen. Auf Pressekonferenzen werden Unabhängigkeit und
Eigenständigkeit versprochen, aber unterschwellig toben die
Grabenkämpfe. Deutlich wird das an dem Dauerstreit zwischen den
beiden Vorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir. Peter, die sich als
Vertreterin der reinen linken Lehre begreift und auch mal die eigenen
Leute, die von dieser Richtschnur abweichen, öffentlich maßregelt,
kommt mit dem pragmatischen Realo Özdemir nicht klar. Das
Spitzenpersonal bei den Grünen hegte schon immer ein gewisse
Abneigung füreinander, aber die Gehässigkeiten haben im vergangenen
Jahr zugenommen. Jürgen Trittin, der zur Wahlschlappe 2013 maßgeblich
beigetragen hat, nennt Baden-Württemberg "Waziristan" (ein
Rückzugsgebiet der Taliban in Afghanistan), ohne dass die vier
Spitzenleute in Berlin dazu deutliche Worte finden. In Sachsen wird
die kompetente Landespolitikerin Antje Hermenau zum Rücktritt
gedrängt, weil sie es gewagt hat, auf Schwarz-Grün hinzuarbeiten. Die
Fraktionsführung aus Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt, auch
peinlich darauf bedacht, bloß nichts Falsches zu sagen oder zu tun,
wirkt gehemmt und ängstlich. Die Mischung aus Verzagtheit und
Unsicherheit unterstreicht den Eindruck der Führungsschwäche. In den
Ländern und Kommunen packen die Grünen beherzter an, davon könnte
sich der Bund eine Scheibe abschneiden. Noch ist nicht völlig klar,
mit welchen Inhalten die Grünen nach dem Verlust des
Anti-Atomkraft-Themas die Menschen gewinnen wollen. Es wird zwar
immer behauptet, dass der Klimaschutz und die ökologische Wende die
Kernthemen seien, aber ein eigenständiges Konzept zur Energiewende
gibt es von den Grünen bis heute nicht. Vor allem keines, das sich
den Fragen der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit unaufgeregt
und jenseits von Floskeln stellt. Nun soll die Ernährung das neue
Megathema werden. Man muss nach einer Wahlniederlage nicht schon alle
Rezepte für die neue Zeit parat haben. Aber was man von den Grünen
erwarten kann, ist, dass sie ihren Richtungsstreit nicht hinten
herum, sondern offen, kollegial und im fruchtbaren Streit austragen.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

555914

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Kommentar / Obamas Schachzug = Von Matthias Beermann Düsseldorf (ots) - So etwas hat man Barack Obama bisher nicht zugetraut. Mit seiner Ankündigung, per Präsidialdekret Millionen illegaler Einwanderer vor der Ausweisung zu bewahren, hat er eine politische Bombe gezündet. Denn es handelt sich um einen Alleingang, bewusst am Kongress vorbei, der künftig in beiden Häusern von den Republikanern beherrscht wird. Noch im letzten Jahr hatte Obama sich dagegen verwahrt, das Einwanderungssystem derart eigenmächtig zu verändern. Jetzt plötzlich tut er es. In der Sache hat Obama Recht: Eine mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Landärzte gesucht = Von Detlev Hüwel Düsseldorf (ots) - Anfangs war es noch recht still um den Bundesbeauftragten für Patienten und Pflege, Karl-Josef Laumann. Inzwischen hat der gelernte Maschinenschlosser seine Zurückhaltung abgelegt und prangert Missstände an. Dazu zählt aus seiner Sicht die vor allem in ländlichen Regionen drohende Unterversorgung mit Hausärzten. Sie hat sicher nicht nur, aber ganz sicher auch etwas mit Einkommenserwartungen zu tun. Wenn ein Arzt im benachbarten Niedersachsen deutlich mehr verdienen kann als im Münsterland, wird er gewiss den Sprung mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Schnelles Internet als Wachstumschance = Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - Bei den Versteigerungen von Mobilfunkfrequenzen können die Bürger nur gewinnen: Wenn der Staat tatsächlich fünf Milliarden Euro einnimmt, wäre viel Geld da, um den Netzausbau auf dem Land zu fördern. Falls der Staat dagegen weniger Geld einnimmt, weil er die Netzbetreiber im Gegenzug für die neuen Frequenzen zu einem weiteren Ausbau von schnellem Mobilfunk (LTE) auf dem Land verpflichtet, wäre dem Gemeinwohl auch gedient: Zumindest für Privathaushalte ist fast egal, ob sie nun mit LTE oder mit einem DSL-Anschluss mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Obamas Comeback / Kommentar zur US-Einwanderungsreform Regensburg (ots) - Mit seiner Einwanderungs-Initiative beweist Barack Obama er, dass auch "lahme Enten" quaken können. Die hysterischen Reaktionen aus dem republikanischen Lager auf die Entscheidung des US-Präsidenten, bis zu fünf Millionen Einwanderer ohne Papiere per Dekret von der Abschiebung auszunehmen, illustrieren seine anhaltende Relevanz. Dass ihn die erzkonservativen Heißsporne gar des Amtes entheben wollen, unterstreicht, wie sehr sie mit ihm noch rechnen. Obama hat den Republikanern mit dem politischen Schachzug die Show mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Obamas Einwanderungsinitiative Wiedergutmachung Dirk Hautkapp, Washington Bielefeld (ots) - Sie arbeiten härter als andere. Sie halten die Familie hoch. Sie machen einen Bogen um staatliche Auffangnetze. Sie zahlen Steuern und verhalten sich in überwältigender Zahl gesetzestreu. Sie sind der billige Schmierstoff im Maschinenraum der US-Wirtschaft. Trotzdem sind die rund zwölf Millionen Illegalen in Amerika, in der Mehrzahl Latinos, Bürger dritter Klasse. Rechtlos. Immer mit einem Bein im Abschiebegefängnis. Wenn die fehlende Aufenthaltsberechtigung auffliegt. Für ein Land, das seine Erfolgsgeschichte mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht