(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar: "Das Glück im Unglück der ÖVP" von Conrad Seidl

Geschrieben am 21-09-2014

Nach der Vorarlberg-Wahl hat kein Konkurrent Grund zur
Schadenfreude (Ausgabe ET 22.9.2014)

Wien (ots) - Persönlich kann Reinhold Mitterlehner wohl nichts
dafür. Die Umstände, die dazu geführt haben, dass die ÖVP in
Vorarlberg kräftig verloren hat, haben mit dem Wechsel an der
Parteispitze im fernen Wien nichts zu tun. Aber schön ist es für
einen Parteichef nicht, wenn eine der bisher erfolgreichsten
Landesparteien eine Wahlschlappe erleidet, bevor er überhaupt vom
Parteitag bestätigt ist.

Das Glück in Mitterlehners Unglück: Es hat keiner Zeit und Lust,
jetzt über den neuerlichen Schwächeanfall der ÖVP zu spotten. Schon
gar nicht der Regierungspartner auf Bundesebene: Die SPÖ, die in
Vorarlberg auch in ihrem Selbstbild nur noch der zweite Zwerg von
links ist, hat ebenfalls deutliche Verluste einstecken müssen - auf
einem Niveau, das für eine Kanzlerpartei blamabel ist.

Das würde ihr normalerweise von den Freiheitlichen unter die Nase
gerieben werden. Aber die FPÖ kann sich über die Verluste der in Wien
regierenden Koalition wohl nicht so richtig freuen. Sie selbst hat im
westlichsten Bundesland ein paar herbe Rückschläge erlitten. Und das,
obwohl sie einen engagierten Wahlkampf geführt hat, in dem sich die
Blauen als Heimatpartei mit Verantwortung zu positionieren versucht
haben. Dass dieser Partei wirklich Verantwortung übertragen würde,
haben ihr die Wähler aber offenbar nicht so richtig abgenommen - noch
ist in Erinnerung, dass die FPÖ zuletzt wegen eines antisemitischen
Sagers von Landesparteichef Dieter Egger aus der Regierung geflogen
ist.

Jedenfalls hat sich gezeigt, dass es kein Naturgesetz ist, dass
die FPÖ bei jeder Wahl zulegen muss.

Im Gegenteil: Gute Umfragedaten, die Heinz-Christian Strache und
seine Partei in den letzten Monaten erzielt haben, legen die Latte,
an der die FPÖ gemessen wird, womöglich so hoch, dass selbst
Wahlerfolge als Niederlagen erscheinen. 23,5 Prozent sind ja ein mehr
als respektables Ergebnis - und liegen über dem
Nationalratswahlergebnis 2013 in Land und Bund. Aber sie liegen unter
den Umfragewerten, an denen die Politik eben gemessen wird.

Das gilt noch stärker für die Neos: Ihre 6,9 Prozent vom Sonntag
würden normalerweise als sensationell eingeschätzt und kräftig
bejubelt. Noch dazu liegen diese 6,9 Prozent nicht allzu weit von den
8,8 Prozent der Sozialdemokraten. Aber sie liegen eben doch unter den
selbstgesteckten Zielen und den Erwartungen, die Neos könnten
Klubstärke erreichen und Anspruch auf einen Landesrat stellen können.

Genau das geht sich eben nicht aus.

Anders bei den Grünen: Sie sind die großen Gewinner dieses
Wahlsonntags, sind die logischen Regierungspartner für die Schwarzen.

Der grüne Erfolg in den Ländern entspricht dem Muster, das sich
schon bei anderen Landtagswahlen gezeigt hat: Die Grünen sehen sich
selbst gern als eine neuartige, moderne Volkspartei. Und ein Gutteil
ihrer Wähler erlebt das inzwischen genauso, zumindest bei
Regionalwahlen. Für die ÖVP ergibt sich daraus, dass sie sich an das
Zusammenleben - und Zusammenarbeiten - mit den Grünen gewöhnen muss.
Dass das funktionieren kann, sieht man in Oberösterreich.

Und dass es nicht zwangsläufig funktionieren muss, macht die Lage
für den geschwächten Landeshauptmann Markus Wallner doch noch
komfortabel: Er braucht sich in Regierungsverhandlungen nicht
erpressen zu lassen. Zur Not könnte er auch der ungeliebten FPÖ eine
Chance geben.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

548097

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Verkehrsminister Dobrindts Pläne zu Maut und Brücken Keine Erfolgsstory Cottbus (ots) - hauptzeile_01 Keine Erfolgsstory Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt fällt offensichtlich langsam aber sicher um. Nach dem massiven Widerstand gegen seine ausgeweiteten Mautpläne hat er endlich selber gemerkt, dass so kein Staat zu machen ist. In der Union nicht - und auch bei vielen Bundesländern nicht, deren Grenzregionen um die Pendelverkehre fürchten. Im Bundesrat, das hat sich in den letzten Wochen abgezeichnet, hätte Dobrindt eine glatte Bauchlandung mit seinen Plänen hingelegt. Der Bayer hat mehr...

  • neues deutschland: Utopie und Sozialdemokratie Berlin (ots) - »Wenn die Sozialdemokratie nach einem utopischen Überschuss sucht, dann findet sie ihn in dem großen Ziel, den Kapitalismus zu zivilisieren«, so hat es der Historiker Jürgen Kocka einmal formuliert - und das war kein Kommentar über vergangene Zeiten, sondern ganz aktueller Ratschlag. Die SPD neigt derzeit nicht dazu, ihn zu befolgen. Ob das eine Frage des Unvermögens oder des Unwillens ist, bildet ein Jahr nach der Bundestagswahl des Pudels Kern: Als was will sich eine Partei verstehen, die zu lange zu wenig utopischen mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Zum Rücktritt der Grünen Antje Hermenau in Sachsen Die Frau mit dem Kompass geht Cottbus (ots) - Wer Antje Hermenau kennt, kann über ihren Abgang nicht überrascht sein. Die 50-Jährige, die Sachsens Grüne mitgegründet hat und drei Mal in den Landtag führte, gibt ihr Mandat zurück. Alle sind sich einig, dass hier eine ganz Große geht. Kein leichter Verlust für ein Parlament, dem ohnehin schon die prägnanten Köpfe abhandenkommen. Der Konservative Steffen Flath hat sich zurückgezogen, der FDP-Frontmann Holger Zastrow ist abgewählt, auch ein Schreihals wie der Grüne Johannes Lichdi wird fehlen. Für die anstehende mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Kopflos / Kommentar zu Alexander Dobrindts Maut-Plänen Mainz (ots) - Glück gehabt. Die Autofahrer in Mainz und Wiesbaden - und nicht nur sie - sollten aus Dankbarkeit immer mal wieder ein Kerzchen dafür anzünden, dass die Bewilligung der Steuer-Millionen für die Sanierung der Schiersteiner Brücke so unwiderruflich unter Dach und Fach ist. Denn um Alexander Dobrindts Pkw-Maut, die künftig die Finanzierung vergleichbarer Straßen- und Brückenbauprojekte sicherstellen soll - um die so kopflos geplante Pkw-Maut steht es nicht gut. Autobahngebühren für durchreisende Ausländer: Das Wahlvolk mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Gottlos / Kommentar zur Lage der Flüchtlinge in Nahost Mainz (ots) - Die Menschen, die zu Zehntausenden vor den gottlosen Schlächtern des sogenannten Islamischen Staates in die Türkei fliehen, sind die jüngsten Opfer einer über zehn Jahre verfehlten Politik der USA an erster und einiger Verbündeter an zweiter Stelle. Zweifellos stand Amerika nach dem 11. September 2001 unter Schock. Aber der danach auf Basis eines Lügengebildes angezettelte Irak-Krieg zertrümmerte nicht nur die staatliche Ordnung im Zweistromland, sondern hinterließ einen Berg modernen Kriegsgeräts. Waffen, die jetzt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht