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Aachener Zeitung: Der Nato sei Dank / Gerade die Deutschen müssten die Balten verstehen / Kommentar von Peter Pappert

Geschrieben am 03-09-2014

Aachen (ots) - Krieg ist etwas, womit man sich hierzulande in
historischer Perspektive intensiv auseinandersetzt, wovon man im
politischen Alltag aber - Gott sei Dank - nichts wissen will. Seit
1945 hören die Bundesrepublikaner das Wort nicht gerne, ihre
Politiker scheuen sich, es in den Mund zu nehmen. Jahrelang haben sie
sich sehr schwer damit getan, den Krieg in Afghanistan, an dem
deutsche Soldaten beteiligt waren, auch nur Krieg zu nennen. Trotzdem
wird in Verbindung mit anderen Begriffen laut "Krieg" gerufen -
derzeit wieder besonders häufig. "Kriegshetzer" oder "Kriegstreiber"
heißt es dann meist und gemeint sind zum Beispiel Bundespräsident
Gauck oder Außenminister Steinmeier. Sie werden derartig angegangen,
weil sie Völkerrechtsbruch genau so nennen: Völkerrechtsbruch. Wer -
oft genug im rüdesten Tonfall - deutsche Politiker dafür attackiert,
dass sie Putins Annexion und Interventionen entgegentreten, muss sich
schon fragen lassen, ob er seinem eigenen Anspruch, dem Frieden zu
dienen, gerecht wird. Sich der Realität zu verweigern, dient nicht
dem Frieden. Es ist zudem unanständig und nutzt weder dem Frieden
noch der Völkerverständigung, sich nonchalant darüber hinwegzusetzen,
dass Polen, Balten und andere Osteuropäer vor der Moskauer Politik
Angst haben. Sie wollen ohne Bedrohungsgefühl leben; dafür sollte
gerade Deutschland Verständnis haben, das diese Völker in der
Vergangenheit drangsaliert, überfallen und geknechtet hat. Die
Nato-Partner im Osten fordern den Beistand der Allianz ein. Heute
tritt der Nato-Rat zusammen. Dessen regelmäßige Treffen stoßen schon
seit Jahrzehnten auf so viel öffentliches Interesse wie jene der
Kultusministerkonferenz. Das hat sich geändert. Darüber muss niemand
glücklich sein; nötig ist es aber schon. Es gibt die Nato. Sie hat
ihren Sinn. Es ist gut, dass sie da ist. Man stelle sich vor,
Estland, Lettland und Litauen wären heute nicht im westlichen
Bündnis: Gefährliche politische Instabilität würde bis an die Ostsee
reichen. Es müsste hierzulande Konsens wenigstens darüber möglich
sein, dass der Kreml die Prinzipien des friedlichen Miteinanders
verletzt. Wer die russische Führung deswegen kritisiert, ist nicht
automatisch Freund oder Verteidiger der ukrainischen Regierung, wird
oft aber solchermaßen undifferenziert in die Ecke gestellt. Welche
Konsequenzen aus Moskaus Vorgehen angemessen sind, darüber ist zu
streiten. Eine 2000 Kilometer lange Mauer, die Kiew angeblich an der
Ostgrenze des Landes plant, oder ein Manöver im Westen der Ukraine
mit Nato-Soldaten gehört wahrscheinlich nicht dazu. Kiew kann sowieso
keine militärische Hilfe der Nato erwarten. Moskau sitzt am längeren
Hebel. Unmittelbar vor dem Nato-Treffen sendet Russlands Präsident
mal wieder Friedenssignale; taktisch geschickt ist er. Der Schlüssel
zum Frieden liegt in Moskau. Wenn die russische Führung zur Vernunft
käme und die Ostukraine in Ruhe ließe, würde Putin im Westen wieder
mit offenen Armen empfangen und wäre der Held des Jahres. Über die
Krim würde dann niemand mehr sprechen. Das ist traurig, aber
realistisch.



Pressekontakt:
Aachener Zeitung
Redaktion Aachener Zeitung
Telefon: 0241 5101-389
az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de


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