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DER STANDARD-Kommentar: "Unser Heer rüstet ab" von Conrad Seidl

Geschrieben am 20-07-2014

Schnürschuh statt Lkw, Pike statt Gewehr - die Regierung weiß
nicht, was sie tut (Ausgabe ET 21.7.2014)

Wien (ots) - Infanterie ist die klassische Fußtruppe. In den
vergangenen Jahrzehnten hat man diese Soldaten mit Fahrzeugen
ausgerüstet - leichte Lkws sind inzwischen sogar bei den Truppen von
Drittweltstaaten und bei Rebellengruppen Standard, moderne Armeen
schützen ihre Infanteristen mit leichten Panzerfahrzeugen.

Anders das österreichische Bundesheer: Hier werden der Jägertruppe
(wie man die Infanterie hierzulande putzigerweise nennt)_derzeit ganz
systematisch die Fahrzeuge weggenommen. Die alten Pinzgauer seien in
Betrieb und Wartung zu teuer, heißt es - außerdem soll es private
Käufer geben, die immerhin ein paar Tausend Euro dafür zahlen werden.
Und die Infanterie soll gefälligst zu Fuß gehen, wie sie das
jahrtausendelang gemacht hat.

Soll sie vielleicht auch wieder auf die Pike zurückgreifen, weil
das Herumballern mit dem Sturmgewehr das Budget zu sehr belastet?

Noch ist das nicht entschieden - wohl aber hat das
Verteidigungsministerium in der Vorwoche angeordnet, dass jene
Soldaten, deren Org-Plan-mäßige Waffe ohnehin der Schreibtisch ist,
ihre Schreibstuben nicht mehr für die Schießausbildung verlassen
müssen: In einem Befehl der Gruppe Ausbildungswesen heißt es
"entsprechend den Vorgaben, kurzfristig auch in militärische
Kernkompetenzen einzugreifen, um erforderliche Budgeteinsparungen
2014 zu erzielen", würde die "Schießverpflichtung für Sturmgewehr und
Pistole" im Bereich der Zentralstelle und der Heeresverwaltung
ausgesetzt.

Das fügt sich prächtig in das Abrüstungsprogramm ein, das die
Bundesregierungen - nicht nur die aktuelle, sondern auch ihre
Vorgängerinnen - dem Bundesheer in den vergangenen Jahren verpasst
haben: Artillerie und Jagdpanzer hat man längst verklopft,
Kampfpanzer braucht man offenbar auch nicht mehr. Und vor der
Leistungsfähigkeit der vor zwölf Jahren gekauften Eurofighter sind
die Verantwortlichen offensichtlich noch mehr erschrocken als vor den
Betriebskosten: Kaum hatte der damalige Verteidigungsminister Norbert
Darabos die ersten Hochleistungsflieger übernommen, ließ er deren für
den Luftkampf wichtige Systeme ausbauen - und die
Luft-Boden-Kampffähigkeit war überhaupt kein Thema mehr.

Damit wurden die Kampfjets zu reinen Luftpolizeiflugzeugen
degradiert, die man nicht einmal dann in einen Einsatz schicken
könnte, wenn eine künftige Regierung bereit wäre, die der
österreichischen Wirtschaftskraft entsprechende Verantwortung bei
internationalen Friedenseinsätzen zu übernehmen. Konsequenterweise
wird auch die Pilotenausbildung reduziert und der Betrieb
eingeschränkt: Die Kosten für Treibstoff und Instandhaltung von
Fliegern, die in anderen Staaten einen verschwindenden Anteil an den
(dort viel höheren) Wehrbudgets haben, werden in Österreich zum
Politikum. Zum Politikum wurde auch die Wehrpflicht, da hat man das
Volk vor eineinhalb Jahren befragt - und dann beschlossen, nichts
weiter zu unternehmen.

In den Kasernen ist die Wehrdienstreform allenfalls in Form von
Gratis-WLAN und ein paar Sportstunden angekommen - aber von einer
konsequenten militärischen Ausbildung für eine Funktion in einer
verfassungskonformen Milizarmee ist nichts zu merken. Die Rekruten
fragen sich zu Recht, wozu dieses Bundesheer eigentlich gut sein
soll. Und die Regierung hat selbst keine Antwort darauf.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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