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Vor Europarat-Vorsitz: ROG verlangt Freilassung inhaftierter Journalisten in Aserbaidschan

Geschrieben am 12-05-2014

Berlin (ots) - Anlässlich der Übernahme des Vorsitzes des
Europarats durch Aserbaidschan am 14. Mai kritisiert Reporter ohne
Grenzen die massive Unterdrückung unabhängiger Journalisten und
Medien: "Aserbaidschan übt in den kommenden sechs Monaten ein
herausragendes Amt innerhalb Europas aus, doch gleichzeitig tritt die
Regierung unter Präsident Aliyew die Pressefreiheit mit Füßen", sagt
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. "Seit der
Präsidentschaftswahl 2013 haben Repressionen gegenüber Aktivisten und
Journalisten zugenommen. Wir verlangen umgehend die Freilassung
aller inhaftierten Blogger und Journalisten und ein Ende der
Schikanen gegenüber kritischen Medienvertretern."

Aserbaidschan übernimmt am kommenden Mittwoch von seinem Vorgänger
Österreich turnusgemäß den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarats.
Die Regierung in Baku hat sich als Mitglied im Europarat den
Grundwerten der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet.
Doch sie missachtet diese systematisch (http://bit.ly/1jiE6hc).
Bereits seit Jahren beeinflusst Baku mit seiner sogenannten
"Kaviar-Diplomatie" Entscheidungen des Europarats zu seinen Gunsten
(http://www.esiweb.org/pdf/esi_document_id_131.pdf).

Gleichzeitig sitzen derzeit mindestens zehn Journalisten und
Blogger in Aserbaidschan Haft (http://bit.ly/1j3kW4V). Der jüngste
Fall ist der von Rauf Mirkadirow. Mirkadirow wurde am 21. April wegen
vermeintlicher Spionageaktivitäten für Armenien zu drei Monaten
Untersuchungshaft verurteilt, zwei Tage zuvor war er am Flughafen in
Baku festgenommen worden, als er dort im Zuge einer Ausweisung aus
der Türkei landete. Mirkadirow hatte drei Jahre lang aus der Türkei
als Korrespondent für die aserbaidschanische Zeitung Zerkalo
berichtet. Doch am 9. April dieses Jahres wurde sein Presseausweis
ohne Angabe von Gründen für ungültig erklärt und er selbst
aufgefordert, die Türkei innerhalb von zwei Wochen zu verlassen. Ein
Versuch, in einem Bus nach Georgien zu reisen, um von dort aus mit
einem Touristenvisum in die Türkei zurückzukehren, scheiterte, denn
das Fahrzeug mit Mirkadirov wurde auf dem Weg nach Georgien gestoppt
und der Journalist schließlich in ein Flugzeug nach Baku gesetzt, wo
ihn die aserbaidschanischen Behörden dann aufgriffen. Vor seiner
Deportation hatte Mirkadirow keinerlei Möglichkeit, Einspruch gegen
die Ausweisung einzulegen oder auch nur einen Anwalt zu kontaktieren.

Mirkadirow hat in den vergangenen Jahren für mehrere
regierungskritische Zeitungen gearbeitet und in seinen Artikeln nicht
nur die Regierung Aserbaidschans, sondern auch Russlands und der
Türkei kritisiert. 2008 wurde er mit dem "Gerd Bucerius-Förderpreis
Freie Presse Osteuropas" ausgezeichnet. Bereits im Februar ist der
aserbaidschanische Journalist Mahir Zeynalov aus der Türkei
ausgewiesen worden. Die türkischen Behörden hatten ihm vorgeworfen,
Staatspräsident Erdogan per Twitter beleidigt zu haben
(http://bit.ly/SHnoDi).

Weitere Journalisten sitzen in Aserbaidschan mit fadenscheinigen
Gründen hinter Gittern. Am 17. März dieses Jahres wurde etwa Tofig
Yagublu verurteilt, der für die unabhängigen Zeitungen Yeni Musavat,
Azadlig und Bizim Yol schrieb. Die Behörden warfen ihm vor, im Januar
2013 in der Stadt Ismaylli an der "Organisation von Krawallen"
beteiligt gewesen zu sein. Zeugen der Anklage sagten zwar, sie hätten
ihre Aussagen unter Druck gemacht. Videos zeigten, dass Yagublu erst
am zweiten Tag der Auseinandersetzung in der Stadt ankam, als die
Gewalt bereits abklang und Yagublu betonte während des Prozesses,
einzig für Recherchen nach Ismaylli gereist zu sein
(http://bit.ly/1qlCehF). Dennoch wurde er zu fünf Jahren Haft
verurteilt.

Die bekannte Investigativ-Journalistin Khadija Ismayilova wurde im
Februar dieses Jahres mehrmals vor die Staatsanwaltschaft in Baku
zitiert. Die Behörden warfen ihr vor, Staatsgeheimnisse verraten zu
haben. Bereits in der Vergangenheit war sie Ziel von
Einschüchterungskampagnen gewesen. Nachdem sie etwa über geheime
Geschäfte der Präsidentenfamilie berichtet hatte, lancierten
regierungsnahe Medien 2012 und erneut 2013 Videoaufnahmen im
Internet, die angeblich Ismajilowa in ihrem Schlafzimmer beim Sex
zeigten. (http://bit.ly/Ou3w4s).

Weitere Journalisten sind im vergangenen Jahr kurz vor den
Präsidentschaftswahlen am 9. Oktober festgenommen worden. Hilal
Mammadov, ein Redakteur der Zeitung Tolyshi Sado, wurde am 25.
September 2013 offiziell wegen illegalen Drogensitzes zu fünf Jahren
Haft verurteilt. Parviz Hashimli, der für die kritischen Medien
BizimYol und Moderator.az arbeitete und gleichzeitig Vorsitzender
der Organisation "Centre for Protection of Political and Civil
Rights" ist, wurde am 17. September 2013 wegen angeblichen
Waffenschmuggels verhaftet und sitzt noch immer in Untersuchungshaft.
Avaz Zeynalli, ein Redakteur der Zeitung Xural, wurde im April 2013
wegen angeblicher versuchter Erpressung zu neun Jahren Haft
verurteilt.

Im Rahmen seiner Nothilfearbeit hat ROG in den zurückliegenden
Monaten Avaz Zeynalli bei rechtlichen Verfahrenskosten finanziell
unterstützt. ROG hat auch dem Journalisten Emin Milli geholfen und
etwa bei der Gründung von Millis Berliner Exilsender Meydan TV Hilfe
geleistet. Milli war zuvor in seiner Heimat wiederholt Verfolgung
und Repression ausgesetzt gewesen.

Auf der aktuellen ROG-Rangliste zur Pressefreiheit steht
Aserbaidschan auf Platz 160 von 180 Ländern. Reporter ohne Grenzen
betrachtet Präsident Ilcham Alijew zudem als einen der Feinde der
Pressefreiheit.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29


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