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Schwäbische Zeitung: Leitartikel - Die Fragen der Jungen

Geschrieben am 11-04-2014

Ravensburg (ots) - Am Freitag war wieder ein Routinetag für die
italienische Küstenwache: Weit über 700 Flüchtlinge aus Nordafrika,
aus Syrien und Somalia wurden von seeuntauglichen Booten im
Mittelmeer und damit vor dem Ertrinken gerettet. Die Bilder
verängstigter Menschen, die von einer Hand mit Plastikhandschuh an
Deck gezogen werden, sind alltäglich geworden. Bis zu 30000
Flüchtlinge sind in den vergangenen 20 Jahren im Mittelmeer
ertrunken, Hunderttausende haben die Flucht geschafft. Vielen
Europäern scheint dieser Massenansturm über das Mittelmeer als
wachsendes Ärgernis mit gelegentlichem Kollateralschaden. Aber die
Qualität einer Gesellschaft oder ihr ethisches Niveau zeigen sich
auch in ihrer Fähigkeit zur Anteilnahme, zum Gegenteil von
Gleichgültigkeit. Manche von denen, die am Freitag von der
italienischen Küstenwache aus dem Meer gefischt wurden, könnten in
acht Wochen bei uns vor der Tür sein. Und dass das Flüchtlingsthema
längst bei uns ist, zeigt sich übrigens auch, wenn in unserer
Redaktion ein Flüchtling aus Afghanistan ein Praktikum macht. Jede
junge Generation in Deutschland hat den Alten Fragen gestellt nach
ihren Versäumnissen der Vergangenheit. Oft waren es anklagende
Fragen, die einen Nerv trafen. Viele der heute 50- bis 70-Jährigen
haben ihre Eltern in den sechziger und siebziger Jahren gefragt, was
sie denn damals gemacht hätten gegen die Vernichtung der Juden durch
die Nationalsozialisten oder gegen den Zweiten Weltkrieg.
Bundespräsident Joachim Gauck meinte kürzlich auf die Frage, was
unsere Kinder und Enkel uns eines fernen Tages vorwerfen: Sie könnten
nachhaken, was wir denn zu Beginn des 21. Jahrhunderts gemacht hätten
gegen das Massensterben im Mittelmeer. Nun sind zwar der Holocaust
und das heutige Flüchtlingselend zwei grundverschiedene Ereignisse -
doch was Gaucks Vergleich illustriert, ist dieses: Das Ignorieren von
Unrecht oder die Gleichgültigkeit gegenüber Not waren während des
Nationalsozialismus falsch. Das gilt auch für die Not von heute.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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