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DER STANDARD-Kommentar: "Politik für Frömmler und Spießer" von Petra Stuiber

Geschrieben am 30-03-2014

Homo-Ehe: Die ÖVP könnte einiges von David Cameron lernen -
wenn sie nur wollte (Ausgabe ET 31.3.2014)

Wien (ots) - Wenn Liebe durch das Gesetz verhindert wird, muss das
Gesetz geändert werden", sagte Großbritanniens Premierminister David
Cameron anlässlich der Einführung der Homosexuellen-Ehe in
Großbritannien. Und er sagte es via PinkNews, quasi dem Zentralorgan
der schwullesbischen und Transgender-Szene im Vereinigten Königreich.
Der Mann schreckt offenbar vor nichts zurück. Warum sollte er auch,
hat er doch die Gleichstellung Homosexueller gegen teils heftige
Widerstände der Tories durchgesetzt. Die Spitzen der anglikanischen
Kirche weiß er nicht hinter sich, dafür aber die Mehrheit der Briten,
die schon längst nichts mehr dabei finden, wenn Männer Männer und
Frauen Frauen lieben.

Wie auch die Österreicher: Laut aktuellem Eurobarometer liegt
Österreich in der Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz von
Homosexualität über dem EU-Schnitt und gilt damit als "tolerantes
Land". Weniger tolerant ist da schon die Politik, konkret die fast in
Permanenz in der Zweiten Republik (mit)regierende ÖVP. Die ließ sich
erst 2009 nach zähem Widerstand die "eingetragene Partnerschaft"
abringen - damit lag Österreich lange im europäischen Schlussfeld,
hübsch vereint mit mehreren osteuropäischen Staaten, in denen
Homophobie und Diskriminierung verbreitet sind. Und noch immer ist
das keine vollkommene Gleichstellung, vor allem, was die Frage
gemeinsamer Kinder betrifft. Das hat auch der Verfassungsgerichtshof
jüngst erkannt - weitere Gesetzesänderungen sind nötig.

Cameron hat konservative Politik - zumindest in
gesellschaftspolitischer Hinsicht - der modernen globalisierten
Gesellschaft angepasst. Das ist wohlüberlegt. Auch traditionell
denkende (und wählende) Menschen akzeptieren immer weniger, dass sich
Staat und Kirche in ihr Privatleben einmischen. Das könnte übrigens
auch Österreichs katholische Kirche langsam akzeptieren, wenn sie
sich nicht in Richtung Minderheitenprogramm bewegen möchte. Wenn
tiefgläubige Katholiken wie etwa Landwirtschaftsminister Andrä
Rupprechter nichts dabei finden, das Mutter-Vater-Kind-Schema
aufzubrechen, dann hat das ja wohl etwas zu bedeuten. Auch, dass das
Zentralkomitee der Deutschen Katholiken bis dato kein Problem damit
hat, dass sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vor kurzem zu
ihrer langjährigen Lebenspartnerin bekannt hat, könnte Orientierung
geben. Sogar der Papst hat sich dazu durchgerungen, dass er "Schwule
nicht moralisch verurteilen" will. Immerhin.

Bis in die Parteizentrale der ÖVP in Wien hat sich dieser
Paradigmenwechsel offenbar noch nicht herumgesprochen. ÖVP-Chef
Michael Spindelegger hat es sich offenbar zur Aufgabe gemacht,
Politik für Frömmler und Spießer zu machen. Weder der
Koalitionspartner noch Rupprechter oder Sophie Karmasin, die er
selbst in die Regierung geholt hat, vermögen ihn zu überzeugen. Die
Forderung nach einem Adoptionsrecht kontert die ÖVP mit dem ärmlichen
Einwand, es warteten ohnehin schon genügend heterosexuelle Paare auf
Adoptivkinder.

Familienministerin Karmasin hat nun den Weg der "kleinen Schritte"
gewählt, um die Positionen aufzuweichen: Standesamt, Familienname,
runder Tisch. Das ist löblich, löst aber die Grundsatzfrage nicht:
Wie geht eine konservative Partei mit modernen Familien um? Wenn das
nicht geklärt ist, bleibt die ÖVP gesellschaftspolitisch ein Relikt
aus dem vorigen Jahrtausend.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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