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"DER STANDARD"-Kommentar: "Ein Hoch auf diese Regierung" von Michael Völker

Geschrieben am 23-03-2014

Eines hat die Koalition doch zu feiern: Sie ist schon hundert
Tage im Amt - Ausgabe vom 24.3.2014

Wien (ots) - Wirklich originell und überraschend wäre es, jetzt
ein Loblied auf die Regierung anzustimmen. Etwa so: Bundeskanzler
Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger sind überzeugende
und vertrauenswürdige Persönlichkeiten, denen man gerne folgt. Sie
haben tolle Arbeit geleistet, eine beeindruckende Leistung
abgeliefert. Sie haben mit guten Lösungsansätzen geglänzt. Sie haben
für klare Kommunikation und transparente Entscheidungen gesorgt. Sie
haben einen neuen politischen Stil geprägt. Das Ergebnis sind rundum
zufriedene Bürger. Hundert Tage ist diese rot-schwarze Regierung im
Amt. Weiter so. Aber leider. Ein schlechter Scherz. Eine solche
Darstellung ist frivol, geradezu geschmacklos. Dass die FPÖ derzeit
in allen Umfragen (ausgenommen jenen zur EU-Wahl) an die erste Stelle
kommt, liegt sicher nicht an den gedanklich brillanten und rhetorisch
beeindruckenden Reden ihres Vorsitzendes Heinz-Christian Strache. Es
liegt an Werner Faymann und Michael Spindelegger, den Chefs der
beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP. Das ist ein wenig paradox. Die
Regierung leidet nicht nur an sich selbst, das tut sie auch; sie
leidet derzeit vor allem an den Folgen des Finanzdebakels rund um die
Hypo Alpe Adria. Und dieses Fiasko, für das die Steuerzahler
geradezustehen haben, ist bekanntlich direkt auf die freiheitliche
Lichtfigur Jörg Haider und ihre Apologeten zurückzuführen. Der
Regierung ist es aber nicht gelungen, klare Zuständigkeiten zwischen
Schuld und Sühne zu benennen. Faymann und Spindelegger haben viel
dazu beigetragen, dass sie die Situation nun auszubaden haben. Sie
haben zaghaft und zögerlich gehandelt, sie haben verschleppt, sie
haben schlecht kommuniziert. Sie haben die Köpfe in den Sand
gesteckt, sie haben zu lange ihre eigenen Interessen über alles
andere gestellt. Dass Faymann so tut, als ginge ihn das alles nichts
an, zeugt nicht von Souveränität und Führungskompetenz. Er schickt
lieber Spindelegger voran, was generell nicht dazu führt, dass man
das Vertrauen in die Politik zurückgewinnen möchte. Und dann dieses
feige und würdelose Herumdrücken um einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss. Spindelegger will jetzt eine Art Ballkomitee
zur Hypo-Aufarbeitung einsetzen - das ist lächerlich. Nicht, dass ein
parlamentarischer Ausschuss etwas lösen oder besser machen würde,
aber er könnte die politische Verantwortung einzelner Beteiligter in
den verschiedenen Phasen des Dramas nachzeichnen, und er würde die
Opposition in die Untersuchung einbinden - was ihre Aufgabe und
Existenzberechtigung ist. So funktioniert Politik, und das sind die
parlamentarischen Spielregeln. Dass die Regierungsspitze stattdessen
versucht, die Opposition auszuschalten und ein wesentliches Mittel
zur Kontrolle zu unterbinden, legt die mangelnde Souveränität von
Faymann und Spindelegger offen. Das Schlimme daran: Die Koalition
ruiniert nicht nur ihren eigenen Ruf, sie ramponiert das Ansehen der
Politik ganz allgemein. Die Stimmung in der Bevölkerung ist wirklich
beunruhigend. Mangels glaubwürdiger Darstellung von Wollen und Können
in der Regierung spielt das wieder jenen rechten Krachmachern und
Kaputtschreiern in die Arme, die erst recht über keinerlei
Lösungskompetenz verfügen. Faymann und Spindelegger schaffen sich
selber ab - und darüber kann man sich nicht einmal freuen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
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