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DER STANDARD-Kommentar: "Wer trägt die Verantwortung?" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 28-02-2014

In Österreich werden Probleme gern ignoriert und delegiert -
oder man taucht ab (Ausgabe ET 1.3.2014)

Wien (ots) - Die Scheu vor Verantwortung ist die Krankheit unserer
Zeit, meinte der deutsche Reichskanzler Otto Bismarck. Diese
Einschätzung trifft auch für die heutige Zeit zu, wenn man die
Causen, die abseits des Opernballs in den vergangenen Tagen für
Aufregung sorgten, Revue passieren lässt: Hypo, Bifie-Datenleck und
Burgtheater.

Wer ist außer den teilweise bereits verurteilten Bankmanagern für
das Hypo-Desaster verantwortlich? Jörg Haider benutzte die Bank, um
seine teure Brot-und-Spiele-Politik zu finanzieren. SPÖ und ÖVP
stimmten brav zu, dem Kärntner Volk gefiel es. Haiders Tochter Ulrike
rückt nun als BZÖ-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl aus, um zu
verhindern, dass der Name ihres Vaters "beschmutzt" werde. Der Fehler
sei die Verstaatlichung durch Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) 2009
gewesen - eine Argumentation, die auch die FPÖ vertritt.

War die Verstaatlichung tatsächlich notwendig? Welche Rolle
spielte Raiffeisen? Der mittlerweile in diesem Konzern beschäftigte
Ex-Politiker Josef Pröll will sich nicht erklären und ist abgetaucht
- wie auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), der zu dieser Zeit
bereits Regierungschef war und lieber nicht so gerne von Journalisten
dazu befragt wird. Der Eindruck, dass die politisch Verantwortlichen
ihre Verantwortung nicht wahrhaben wollen, verfestigt sich mit jedem
weiteren Tag. Dass sie ihre Verantwortung womöglich nicht wahrnehmen
können, ist kein Grund, sie davon zu entbinden.

Gleiches gilt für Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek.
Auch, wenn die durch das Leck öffentlich gemachten Informationen von
Schülern und Lehrern vom Datenschutzstandpunkt aus betrachtet nicht
sensibel waren: Es geht um den Umgang mit dem Vorgang. Sollte
tatsächlich seit den ersten Hinweisen vor zwei Monaten weder beim
Bildungsforschungsinstitut noch beim Aufsichtsrat oder im
Unterrichtsministerium etwas passiert sein, wurden Sorgfaltspflichten
verletzt. Abseits der juristischen Verantwortung gibt es auch eine
politische: Auffällig ist, dass die SPÖ-Politikerin Heinisch-Hosek
ihre Wortwahl am Donnerstag verändert hat: Sprach sie im
Ö1-Morgenjournal davon, dass sie sich "in diesen zwei Monaten" auf
die Aufklärung verlassen habe, so sagte sie im Mittagsjournal: "Ich
habe es vor zwei Tagen erfahren." Schon jetzt steht fest:
Professionelles Versagen hat es gegeben, Konsequenzen - noch - keine.

Das gilt auch für die Vorgänge im Burgtheater. Der Chef der
Bundestheaterholding, Georg Springer, war seit Wochen bemüht, Silvia
Stantejsky die Alleinschuld an der Finanzgebarung des Burgtheaters
zuzuschieben. Bei der Vorlage des Endberichts der Wirtschaftsprüfer
gab er zumindest eine "Mitverantwortung" zu.

Nicht so Direktor Matthias Hartmann, der weiter behauptet, er habe
sich nur auf die künstlerische Leitung konzentriert. Zumindest einen
Verdacht muss er gehabt haben, sonst hätte er nicht jemanden von
außen gebeten, sich die Zahlen des Burgtheaters anzuschauen. Er ist
auch Co-Geschäftsführer. Dass nur ein paar geschwärzte Seiten
veröffentlicht wurden, nicht aber der Gesamtbericht, nährt die
Zweifel weiter.

All diese Vorgänge zeigen: In Österreich gibt es weder eine
Verantwortungs- noch eine Rücktrittskultur. Wie sagte Molière: "Wir
sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für
das, was wir nicht tun."

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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