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Badische Neueste Nachrichten: Zwiespältig - Kommentar von Volker Jacobs

Geschrieben am 16-02-2014

Karlsruhe (ots) - Der ominöse Satz ist aus dem Europaprogramm der
Linken gestrichen. Die EU wird nicht mehr als "neoliberale,
militaristische und weithin undemokratische Macht" bezeichnet. Auf
dem Parteitag in Hamburg scheiterte der linke Parteiflügel mit dem
Wunsch, die Aussage wieder ins Programm zu stimmen. Aber der Beifall
für die Exponenten dieses Flügels hat gezeigt: Für einen erheblichen
Teil der Partei bleibt die EU so, wie sie mit diesem Zerrbild
beschrieben ist. Das Verhältnis der Linken zu Europa bleibt
zwiespältig. Dass die EU demokratische Defizite hat, ist
unbestreitbar. Dass diese Mängel in einem mühsamen Prozess nach und
nach vermindert werden, aber auch. "Fassadendemokratie", wie die
Wortführerin der Linken, Sahra Wagenknecht, sagt? Das ist nur ein
Hauptwort für "undemokratisch". Reizwörter wie "imperialistisch",
"chauvinistisch" oder "militaristisch" prasselten aus den Reden des
linken Flügels auf die Delegierten nieder. Militaristisch ist aus
dieser Sicht vermutlich schon der Sozialdemokrat Frank-Walter
Steinmeier, hat er doch gesagt, Deutschland müsse international mehr
Verantwortung übernehmen. Gregor Gysi bezeichnet das Europa-Programm
seiner Partei als links. Aber zu Europa gehört eben auch der Euro,
und über die Haltung zur Gemeinschaftswährung ist sich die Linke
ebenfalls nicht einig. Der Kritik von Wagenknecht am Euro -
"funktioniert nicht" - hält der Fraktionsvorsitzende Gysi entgegen,
man wolle den Euro retten, aber anders als die Bundeskanzlerin. Der
Gegensatz zwischen Kritik und Fundamentalkritik wurde so im
Wahlprogramm nur notdürftig übertüncht. Der Ruf nach Geschlossenheit
steht auf der ungeschriebenen Tagesordnung jedes Parteitags der
Linken, denn die Gräben sind noch da. Ohne Gegenkandidaten ist Gabi
Zimmer an die Spitze der Europaliste gestellt worden. Wenn auch
glücklos, hat sie als Parteivorsitzende der Jahre 2000 bis 2003 immer
versucht, zwischen den Lagern zu vermitteln. Deshalb war sie jetzt
weithin akzeptabel. Über die Besetzung der folgenden Plätze gab es
keine Verständigung mehr zwischen den Lagern links und rechts, West
und Ost. Das war wie gehabt. Die Reformer um Gregor Gysi und Dietmar
Bartsch wollen die Linke im Bund für SPD und Grüne koalitionsfähig
machen. Auf dem Europaparteitag sind sie damit nicht weit
vorangekommen. Mit der Tilgung des ominösen Satzes aus ihrem
Europaprogramm hat die Linkspartei in Hamburg ein hässliches Etikett
entfernt. Mehr aber auch nicht.



Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de


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