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Lausitzer Rundschau: Wasser und Wein Über die Zustände in Politik und Gesellschaft

Geschrieben am 05-12-2013

Cottbus (ots) - Die Fahrbereitschaft des Bundestages, das Thema
Dienstwagen überhaupt, ist eine schöne Parabel auf manche Zustände im
Land. Man predigt öffentlich Wasser. Und trinkt heimlich Wein.
Beileibe nicht nur die Politiker. Ärzte rauchen, Bischöfe bauen sich
Residenzen, und nicht jeder Umweltminister ernährt sich gesund. Vorne
sitzen Fahrer, die für 950 Euro im Monat arbeiten müssen, hinten
Abgeordnete, die netto das Sechsfache haben und für soziale
Gerechtigkeit kämpfen. Die Fahrbereitschaft ist ausgelagert, ein
privates Unternehmen, das gerade so über die Runden kommt. Derzeit
eher nicht. Genauso wie der Putzdienst und manches andere. Das ist
effektiv. Der Kostendruck ist hoch. Das Risiko des Scheiterns tragen
allein die Arbeitnehmer. Von der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
dieser Jobs reden wir an dieser Stelle lieber nicht. Überall
funktioniert die Gesellschaft so. Die daraus resultierenden Probleme
- Niedriglöhne, Altersarmut, Kindermangel - sorgen dafür, dass die,
die hinten sitzen in den Limousinen, weiter gut zu tun haben. Sie
müssen sie ja lösen. Man fährt Nobelkarossen von deutschen
Herstellern, mit diesem Produkt ist das Land führend in der Welt. Man
fährt sie auch für wenige Kilometer durch die Stadt, parallel zu S-
und U-Bahnen. Kohlendioxid-Ausstoß? Nachhaltigkeit? Nun, sonntags
müssen ja auch noch Reden gehalten werden. Auch von den Bischöfen,
von der Kanzel. Einige von ihnen fahren, enthüllte die Deutsche
Umwelthilfe am Donnerstag nach einer Untersuchung , besonders dicke
Limousinen. Vor allem die katholischen. Die Hersteller der
Nobelkarossen haben eine starke Lobby. Sie schaffen und erhalten
Arbeitsplätze. Diese Lobby verteidigt mit Zähnen und Klauen ein
einmaliges System steuerlicher Subventionen, genannt
Dienstwagenprivileg, das dafür sorgt, dass die Hälfte ihres
Inlandsabsatzes vom Staat gefördert wird und Leute, die wesentlich
besser verdienen als die Fahrer der Fahrbereitschaft, sehr billig
sehr große Autos fahren können. Dafür trennen sie aber zu Hause
sorgsam den Müll und kaufen Bioprodukte. Außerdem haben die
Hersteller mithilfe der Bundesregierung durchgesetzt, dass die
zulässigen Höchstgrenzen für Kohlendioxid in Europa nicht so stark
sinken, wie das technisch und ökonomisch möglich wäre. Diese gleiche
Bundesregierung tritt bei internationalen Klimakonferenzen trotzdem
auftrumpfend auf und verlangt von den Schwellenländern, wo die
meisten noch nicht mal einen Kleinwagen haben, mehr Anstrengungen.
Das ist das deutsche Modell. Die deutschen Regierungen halten es den
anderen Europäern gern vor. Sie sollen mehr sparen, auch wenn sie
nicht wie wir Export-Vizeweltmeister sind. Sie sollen Stellen im
öffentlichen Dienst abbauen - sollen ebenfalls mehr Aufgaben
privatisieren. Sie sollen anders als wir ihre Industrie nicht
subventionieren. Und sie sollen unsinnige Sozialleistungen kappen.
Das sagt eine Regierung, deren Finanzminister gerade verspricht, den
eigenen Sparkurs zu lockern, trotz über zwei Billionen Euro
Staatsschulden. Die unsinnige Sozialleistungen wie das Betreuungsgeld
erfunden hat, und die nun, in neuer Konstellation, daran geht,
weitere Sozialleistungen zu schaffen - ohne an anderer Stelle
irgendetwas zu kürzen. Schon gar nicht bei den Dienstautos. Bald ist
Weihnachten und Neujahr. Man freut sich schon auf die Ansprachen. So
viel Wasser.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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