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WAZ: Meister Gabriels Zocker-Plan - Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 17-11-2013

Essen (ots) - Aus Sigmar Gabriel ist inzwischen ein beachtlicher
Zocker geworden, was für jemanden, der auch mal Pop-Beauftragter sein
musste, eine beeindruckende Karriere ist. Das mit dem Zocker ist
keine Beleidigung, sondern Anerkennung.

Folgende Stationen auf dem Weg ins Kanzleramt 2017 oder früher hat
Gabriel schon gemeistert: Die krachende Wahlniederlage der SPD hat er
überlebt, was an und für sich schon ein Kunststück war. Am
Koalitionstisch hat er die tatsächliche Niederlage in einen gefühlten
Sieg gedreht. Der eigenen Partei eröffnete er die Option auf eine
Koalition mit der Linkspartei, was zwar auch ganz gewaltig in die
Hose gehen kann, aber was soll man machen, wenn der eigene Verein von
"Heulsusen" (Steinbrück), der es fertig bringt, seinem
erfolgreichsten Vertreter (Scholz) das mieseste Ergebnis zu
bescheren, nun mal über 25 Prozent nicht hinaus kommt?

Seinen Machiavelli hat Gabriel bei Merkel gelernt. Inzwischen
denkt auch er die Dinge von hinten. Der Union mitten in den
Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei zu kommen, das ist so,
"als ob ein Partner kurz vor der Hochzeit noch rasch eine
Kontaktanzeige aufgibt", stöhnte CDU-Vize Klöckner völlig zu Recht.
Im richtigen Leben hätte die Braut ihren fremdgehwilligen
Möchtegern-Partner postwendend rauswerfen müssen, aber in der Politik
ist Treue was für die Naiven. Und so wettete der SPD-Vormann kühl
darauf, dass die Union staatstragend sein würde wie immer. Er gewann,
die Union sieht ohnmächtig, wütend und hilflos aus, kurzum:
unsouverän. Ein bemerkenswerter Abstieg nach einer
Beinahe-Allein-Mehrheit.

Gabriels Kalkül mit der Linkspartei sieht so aus: Gysis Truppe
drohen schwere Zeiten. Wer, wie Gysi demnächst, Oppositionsführer
ist, kann sich Clownereien nicht mehr leisten, muss ernsthafte
Alternativen anbieten. Will sie tatsächlich regieren (was keineswegs
ausgemacht ist), muss sich die Linke entradikalisieren. Bis dahin
rückt Gabriel die SPD per Großer Koalition wieder in die Mitte, so
dass demnächst einem Kanzlerkandidaten Gabriel eine stabile Mehrheit
zur Verfügung stünde.

Alles in allem ein feiner Plan. Kann klappen. Muss aber nicht.
Dann hätte Gabriel sich verzockt. Aber wie sollte er es sonst machen?



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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