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Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur SPD

Geschrieben am 14-11-2013

Bielefeld (ots) - Sigmar Gabriel hat 478 von knapp 600 Delegierten
der SPD aus ganz Deutschland beim Parteitag hinter sich versammelt.
Seine Wiederwahl und die Kooperationsbereitschaft der Genossen
gestern in Leipzig dürfen ihn hoffen lassen, dass genügend der 470
000 Parteimitglieder Mitte Dezember dem Koalitionsvertrag zustimmen.
Fast wie bei einer Werbeverkaufsveranstaltung haben sich alle
Vorstandsmitglieder und viele Redner in einer dreieinhalbstündigen
Aussprache für den Eintritt in eine Regierung Merkel ausgesprochen.
Peer Steinbrück, Hannelore Kraft, Manuela Schwesig - sie alle wollen
möglichst viel von der eigenen Programmatik mit der Union umsetzen.
Alle räumen ein, dass es nicht 100 Prozent der eigenen Vorstellungen
sein können. Nur mit der Großen Koalition lassen sich eben schon der
flächendeckende Mindestlohn, Verbesserungen für Bezieher kleiner
Renten und Fortschritte im Bereich Flüchtlinge/Asyl jetzt, und nicht
erst 2017 erreichen. Das große sozialdemokratische Familientreffen im
150. Jahr des Parteibestehens befindet sich in einem seltsamen
Schwebezustand. Im Sommer wurde in Leipzig noch gefeiert, jetzt ist
die Stimmung eher unentschlossen. Sozialdemokraten sind
vaterlandstreu und preußisch pflichtbewusst. Deshalb stellen sie sich
der Möglichkeit zum Mitregieren, loten aus, was geht und werden am
Ende wohl auch zugreifen. Begeisterung für eine politische Sache
sieht anders aus. Wichtig war gestern, dass Steinbrück und Gabriel
glasklar zu Fehlern im Wahlkampf und dem schlechten Abschneiden
insgesamt standen. Niemand hat sich aus der Verantwortung gestohlen,
auch wenn Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil nach eigenem
Bekunden noch einen weiteren Parteitag braucht, um das Desaster zu
verkraften. 23 Prozent 2009, 25,7 Prozent 2013 - die harte Kost ist
noch lange nicht verdaut. Steinbrück hat 30 Prozent zur
Mindestvoraussetzung für den Status als Volkspartei erklärt. Will
sagen: Mit nur noch einem Viertel der Wähler im Rücken kann die SPD
kaum mehr Politikgestaltung herausholen als eine Beteiligung an
Schwarz-Rot. Zudem: Noch soviel Realitätssinn auf dem Bundesparteitag
bedeuten nicht automatisch den Durchbruch an der Basis. »Wer, wenn
nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt?«, hat Franz Müntefering vor zehn
Jahren für die Agenda 2010 mit rhetorischen Höhenfeuerwerken
geworben. Er hat damals die Säle in Berlin und Bochum für sich
gewonnen, aber die Seele der Partei trotzdem nicht erreicht. Das
Hartz-IV-Trauma hält teilweise noch an. Die Spitzengenossen könnten
auch diesmal ihr Projekt durchpauken. Sie haben aber nicht vergessen,
wie schwer beweglich und im besten Sinne wertkonservativ und
kursbewahrend die deutsche Sozialdemokratie ist.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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